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Schwerste Entscheidung

VON JÖRG BIALLAS

02.12.2013
2023-08-30T12:24:08.7200Z
2 Min

Ein Marschbefehl für deutsche Soldaten in andere Länder ist eine der schwersten Entscheidungen, die an den Deutschen Bundestag herangetragen werden können. Denn ein Votum für einen Auslandseinsatz wird stets in dem Bewusstsein abgegeben, dass Mitglieder der Bundeswehr sich einer Gefahr für Leib und Leben aussetzen. Der Verweis auf internationale Bündnisverpflichtungen mag dem einzelnen Abgeordneten helfen, seine Zustimmung rational zu rechtfertigen. Emotional bleibt die unerschütterliche Gewissheit: Niemand kann den Soldaten eine unversehrte Rückkehr in die Heimat garantieren.

Trotzdem sind derartige Entscheidungen nach sorgfältiger Prüfung mitunter nicht zu vermeiden. Das wissen Parlamentarier wie Soldaten, die gleichermaßen professionell mit Auslandseinsätzen umgehen. Grundlage allen Handels ist die Frage, ob die humanitäre Situation in einem fremden Land eine Intervention rechtfertigt. Die Aufgabe vor Ort ist vielschichtig: Präsenz zeigen, zivile Aufbauhilfe leisten, staatliche Strukturen einrichten und etablieren. All diese Maßnahmen gehen für die Helfer aber immer mit dem Risiko einher, als unwillkommener Eindringling betrachtet und Opfer von Gewalt zu werden.

Wenn auf diese Gewalt nachvollziehbar und als letztes Mittel mit Gegengewalt reagiert wird, ist es spitzfindig, die Verhältnisse nicht als Krieg zu bezeichnen. In Bezug auf Afghanistan etwa hat die deutsche Politik sich jahrelang bemüht, den Begriff "Krieg" zu vermeiden. Gut, dass diese überflüssige Verschleierungstaktik wenigstens gegen Ende des Einsatzes aufgegeben wurde. Schon um der Opfer willen: Wie verhöhnt müssen sich Soldatinnen und Soldaten fühlen, wenn vergleichsweise harmlose "kriegsähnliche Wirren" bei ihnen schwere Traumata ausgelöst haben? Ganz zu schweigen von den Gefühlen derer, die Angehörige in einer "Krisenregion" verloren haben oder sich jetzt um schwere Pflegefälle kümmern müssen.

Der Bundestag, das hat auch die vergangene Sitzungswoche wieder gezeigt, ist sich seiner Verantwortung für die Bundeswehr als Parlamentsarmee durchaus bewusst. Für und Wider jedes Einsatzes sind vor einer Entscheidung ausführlich abzuwägen. Ist der Beschluss dann aber gefasst, verdient die Bundeswehr Anerkennung und Solidarität. Im Parlament ebenso wie in der Bevölkerung.