ROT-GRÜNE KOALITION Edgar Wolfrum beschreibt sie als erste global agierende Regierung Deutschlands
Es ist ein durchaus freundliches und mildes Urteil, das Edgar Wolfrum nach rund 700 Seiten fällt: Aus Sicht des Heidelberger Zeithistorikers ist die politische Kultur Deutschlands während die Koalitionsregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen von 1998 bis 2005 "offener geworden, als sie zuvor war", sie habe die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit vorangetrieben und die…
Biografie Das Leben Willy Brandts liest sich tatsächlich wie ein Roman über das vergangene Jahrhundert
Das Wagnis hat sich gelohnt. Zumindest im Moment steht SPD-Chef Sigmar Gabriel als strahlender Sieger dar. Eine deutliche Mehrheit der SPD-Mitglieder hatte Anfang Dezember in einem Mitgliederentscheid für den Koalitionsvertrag mit der Union votiert. Dieser Entscheid war ein Novum in der deutschen Parteiengeschichte - und ein Risiko. Vier Tage vor dem 100. Geburtstag des Übervaters Willy Brandt…
BUNDESPRÄSIDENT Mario Frank porträtiert Joachim Gauck
Manche Talente werden früh sichtbar: "Ich vermochte ein ganzes Weihnachtgedicht aufzusagen, ohne mich zu verhaspeln", zitiert Biograph Mario Frank Bundespräsident Joachim Gauck. Der damals fünfjährige Joachim bekam dafür vom Weihnachtsmann einen Holzpanzer geschenkt. Eine von vielen kleinen, scheinbar nebensächlichen Anekdoten, mit denen Frank "eine" - wie es im Titel heißt - Biographie des…
WAHLKAMPF Nils Minkmar führt ins Innenleben der SPD und ihres Kandidaten im Wahljahr
Diesen Satz nimmt er ihr wirklich übel. "Sie kennen mich", hatte die Bundeskanzlerin beim Fernsehduell der Kandidaten gesagt, um die Zuschauer sodann mit dem Wunsch für einen "schönen Abend" in die Nachtruhe zu schicken. Damit hat Angela Merkel die Entpolitisierung des Wahlkampfs zu weit getrieben, findet Nils Minkmar. Ein Jahr lang hat der Feuilletonchef der FAZ den SPD-Kanzlerkandidaten…
GESCHICHTE Piskorski schildert die Vertreibungen in Europa
Das 20. Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Vertreibungen. Bis zu 80 Millionen Menschen seien Opfer der neuzeitlichen Menschenverschiebungen in Europa geworden, schreibt der polnische Historiker Jan Piskorski in seiner Geschichte der europäischen Vertreibungen ("Die Verjagten"). Ob zeitweise durch die Kriegsfronten oder dauerhaft durch staatliche Politik: Am Anfang dieser Entwicklungen steht…
Erster Weltkrieg Clark bewertet die Schuldfrage neu
Der 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs hat eine alte Diskussion wieder aufflammen lassen, die längst beendet schien. Trug das Deutsche Reich die Schuld am Ausbruch des Krieges, gab es Mitschuldige oder war es so, wie der britische Premierminister Lloyd George sagte, dass 1914 "die Völker in den Weltkrieg hineingeschlittert"waren? Weitgehender Konsens in Literatur und Gesellschaft…
1914/18 Kulturgeschichte einer Weltkatastrophe
Angehörige der heute mittleren Generation mögen noch von ihren Großeltern Selbsterlebtes aus der Zeit des Ersten Weltkriegs erzählt bekommen haben, dessen Ausbruch sich 2014 zum 100. Mal jährt. Gar so lange scheint diese Zeit also nicht zurückzuliegen. Auch für Ernst Piper, Jahrgang 1952, ist der Erste Weltkrieg "ein Ereignis der Zeitgeschichte", wie der Historiker im Vorwort seines Buchs…
DEUTSCHLAND Mentalitätswandel im Land gefordert
Als "zögernder Hegemon" wurde Deutschland diese Jahre öfter beizeichnet, unter anderem vom britischen Magazin "The Economist". Der amerikanische Kolumnist und Journalist Eric T. Hansen geht in seinem Buch "Die ängstliche Supermacht" sogar noch weiter und beschreibt seine Wahlheimat als wirtschaftliche und politische Supermacht, die zu viel Angst vor ihrer neuen Rolle in der Welt habe.…
Auf den ersten Blick weckt "Das Buch vom Töten" eher unangenehme Gefühle. Der Titel prangt in roten Buchstaben auf dem Schutzumschlag des Hardcovers, darunter dezenter der Untertitel "Über die Todesstrafe", garniert mit dem Foto einer Pritsche, auf der Menschen zur Hinrichtung mittels Giftspritze fixiert werden. Wohlfühl-Literatur ist also ganz offenkundig nicht zu erwarten. Trotzdem ist das…
AUSWANDERER Viele Deutsche fingen in New York klein an
Manche kamen mit guten Ideen, viele nur mit einem Notgroschen in der Tasche und fast alle mit kühnen Träumen. Die USA werden seit Jahrhunderten von Einwanderern geprägt, und viele Deutsche zog es nach New York. Oft war es materielle Not, die Menschen veranlasste, ihr Leben in Übersee neu zu beginnen. Und so können die ersten Quartiere deutscher Auswanderer in New York als Armenviertel…
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Deshalb ist auf dem Umschlag des jüngsten Werkes von Henryk M. Broder auch die Titanic abgebildet - mit dem Kiel schon halb unter Wasser. Und wie die Titanic sieht der Autor auch Europa oder zumindest die europäische Idee versinken. In 15 lesenswerten Kapiteln wendet sich der Berufspolemiker Broder vor allem gegen das Europa der Bürokraten ("Brüsseler…