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Griechenland will die Krise hinter sich lassen

EU-RATSPRÄSIDENTSCHAFT Die griechische Regierung beschwört zum Auftakt Normalität - doch die liegt in weiter Ferne

20.01.2014
2023-11-08T12:31:20.3600Z
3 Min

Die griechische Regierung hat die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2014 genutzt, um das Ende der Krise auszurufen. Das Land stehe wieder "auf eigenen Füßen", nachdem die Bürger harte Opfer erbracht hätten, sagte Ministerpräsident Antonis Samaras beim Präsidentschaftsauftakt in Athen Anfang Januar. Der konservative Regierungschef und seine Minister beschworen reihum, dass es mit dem Land bergauf gehe. "Wir haben die schlimmsten Zeiten hinter uns gelassen", betonte Finanzminister Yannis Stournaras.

Deutliche Signale an EU

Während sich die Botschaft der wirtschaftlichen Wiederherstellung vor allem an das heimische Publikum richtete, gingen an die EU-Partner sehr deutliche Signale, dass Austerität nicht länger erwünscht ist. Bei der Eröffnung der Präsidentschaft, der die EU-Kommission und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy beiwohnten, sagte Kulturminister Panos Panagiotopoulos, sein Volk könne "keine weiteren Opfer verkraften". Auch das Kulturprogramm enthielt einen deutlichen Wink an die anderen EU-Länder. "Sonne der Gerechtigkeit, ich flehe Dich an: Vergiss mein Land nicht!", sang die griechische Musik-Ikone Maria Farantouri unter dem tosenden Beifall des griechischen Publikums.

Eine ganz normale EU-Präsidentschaft, in der ein Land als neutraler Mittler die Geschicke der 28 EU-Mitgliedstaaten lenkt, wird dies sicher nicht. Schließlich wird Griechenland im ersten Halbjahr 2014 selbst Thema von Verhandlungen sein. Die Regierung erwartet weitere Erleichterungen von den internationalen Geldgebern. Dabei geht es darum, dass Laufzeiten gestreckt und Zinsen gesenkt werden. Welches Volumen diese Erleichterungen haben sollten, dazu halten sich Samaras und seine Minister noch bedeckt. Einen erneuten Schuldenschnitt schließt die griechische Regierung mittlerweile kategorisch aus. Ein drittes Hilfspaket, das viele Ökonomen für wahrscheinlich halten, möchte Samaras vermeiden, da es mit Auflagen einherginge.

Auch wenn Griechenland 2013 aller Voraussicht nach erstmals einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet hat (die Zinszahlungen ausgenommen), so hat es nach wie vor große Probleme. Bis 2015 besteht eine Finanzierungslücke im Hilfsprogramm, die Finanzminister Stournaras auf elf Milliarden Euro beziffert. Und nach wie vor ist nicht geklärt, wie Griechenland seinen Schuldenberg abtragen will, der aktuell bei 175 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt. Bis 2020 soll er auf 124 Prozent sinken. Dieses Thema blendet die griechische Regierung großzügig aus. Das Kabinett von Samaras verweist stattdessen auf die Haushaltssanierung, die aber nicht im geplanten Maße von Strukturreformen begleitet war.

Bei der Debatte über die griechische Ratspräsidentschaft im Europäischen Parlament forderten die Abgeordneten vergangene Woche in Straßburg denn auch weitere Anstrengungen von der griechischen Regierung, die Wirtschaft umzubauen und Klientelismus zu bekämpfen. "Sie wissen, dass der Reformprozess noch nicht abgeschlossen ist. Sie stehen erst am Anfang", sagte etwa der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, an die Adresse von Samaras. Sozialdemokraten, Grüne und Linke kritisieren aber auch die mangelnde parlamentarische Legitimierung der Troika zur Lösung der Euro-Krise, bestehend aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Der Vorsitzende der CDU-CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Herbert Reul, bezeichnete diesen Kritikpunkt jedoch schlicht als "substanzlos". Die Troika sei Bestandteil der Vereinbarung zwischen der Eurogruppe und den Programmländern. "Zum anderen sind die Hilfskredite und die Reformmaßnahmen in allen betreffenden nationalen Parlamenten diskutiert und gebilligt worden."

Unter Zeitdruck

Die griechische Regierung betont unterdessen, wie sparsam sie die Präsidentschaft gestaltet. Das umfangreiche Programm an offiziellen Treffen in Athen und Umgebung wird 50 Millionen Euro kosten, sehr viel weniger als vorangegangene Präsidentschaften. Das wichtigste Thema, das in Brüssel unter griechischer Ägide zu Ende verhandelt werden muss, ist die Bankenunion. Da im April der Wahlkampf für die Europawahlen beginnt, bleibt dafür aber nicht mehr viel Zeit.