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Aufbruch in die Demokratie

TUNESIEN Lob für liberalste Verfassung der arabischen Welt

03.02.2014
2023-11-08T12:31:29.3600Z
2 Min

Es gibt sie noch, die guten Nachrichten aus der arabischen Welt: Drei Jahre nach dem Sturz des tunesischen Dikators Ben Ali hat sich der Maghreb-Staat eine neue Verfassung gegeben. Am vergangenen Montag hat das Übergangsparlament in Tunis sie mit großer Mehrheit verabschiedet, und schon jetzt wird sie als Vorbild für andere Umbruchstaaten in der muslimischen Welt gefeiert. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon etwa bezeichnete den Verfassungstext als "historischen Meilenstein".

Warum diese Begeisterung? Die neue Verfassung Tunesiens beruht anders als die meisten Verfassungen in arabischen Ländern nicht auf der islamischen Scharia. Ein Novum. Dem Militär billigt sie keine Sonderrechte zu, die es ihm ermöglichen würden, sich ziviler Kontrolle zu entziehen - so wie es in der neuen ägyptischen Verfassung der Fall ist. Tunesien mit seiner überwiegend muslimischen Bevölkerung hat sich bei der Verfassungsgebung vielmehr an westlichen Werten orientiert: Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit, Gewaltenteilung, Gleichstellung von Mann und Frau. So müssen in den gewählten Kammern Frauen und Männer künftig gleich stark vertreten sein.

Konsens statt Konfrontation

Es war keinesfalls selbstverständlich, dass sich das "Mutterland des Arabischen Frühlings" so positiv entwickeln würde. Nach dem Sturz des Langzeitherrschers Ben Ali im Januar 2011 erwies sich der Übergang zur Demokratie schwieriger als gedacht. Die Wirtschaft brach ein und die schwelenden politischen Konflikte eskalierten im Juli 2013, als der linke Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi von radikalen Salafisten ermordet wurde. Die Opposition warf der regierenden islamistischen Ennahda-Partei eine politische Verantwortung für den Mord vor und forderte ihren Rücktritt. Es folgten zähe Verhandlungen, an deren Ende ein mutiger Entschluss stand: Regierung und Opposition riefen einen "Nationalen Dialog" ins Leben, mit dem Ziel, eine Verfassung zu erarbeiten und eine Übergangsregierung zu bilden. Deren Mitglieder sollten parteilose Experten sein. Premierminister wurde der bisherige Industrieminister Mehdi Jomaa. Das Parlament sprach seinem Kabinett am 28. Januar das Vertrauen aus. Bald schon soll es Neuwahlen geben.

Ob der Verfassungstext auch mit Leben gefüllt werden kann, wird sich zeigen müssen. Aber eine erste wichtige Hürde auf dem Weg zur Demokratie ist genommen.