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Ungarn : Zweidrittelmehrheit absehbar

Bei Parlamentswahl zeichnet sich Sieg der Partei von Ministerpräsident Orbán ab.

24.03.2014
2024-02-05T12:56:04.3600Z
3 Min

Gut zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Ungarn am 6. April scheint die Partei Fidesz mit Ministerpräsident Viktor Orbán fester im Sattel zu sitzen denn je. In den jüngsten Umfragen zeichnete sich eine deutliche Mehrheit ab. Wegen der Besonderheiten des ungarischen Wahlrechts ist eine absolute Mehrheit für die National-Konservativen (Fidesz im Verbund mit der KDNP, die als eigenständige Kraft aber nicht weiter auffällt) im nächsten Parlament wahrscheinlich und sogar eine Zweidrittelmehrheit möglich. Denn gut die Hälfte der künftig 199 Sitze werden per Mehrheitswahl über Wahlkreise vergeben.

An vielen kleinen Stellschrauben hat die Regierung das Wahlrecht zu den eigenen Gunsten gedreht. Dennoch greift zu kurz, wer glaubt, die Führungsposition Orbáns auf Manipulationen zurückführen zu können. Der Ministerpräsident hat nach seiner Wahl 2010, als Ungarn tief in der Wirtschaftskrise steckte, einige der Probleme angepackt, die den Bürgern auf den Nägeln brannten. Es gibt im bescheidenen Ausmaß Erleichterungen bei Wohnnebenkosten und Fremdwährungskrediten, Defizit und Wirtschaftswachstum. Die populistische Rhetorik Orbáns, der überall im In- und Ausland Feinde der Ungarn wittert, gehört zur Begleitmusik, die seine Anhänger begeistert und seine Gegner abstößt. Orbán sagt: "Unser Wahlprogramm ist mit einem Wort zusammenzufassen: Weitermachen."

Zum Bild gehört die Schwäche der Mitte-Links-Opposition. Führende Kraft ist dort die sozialistische Partei MSZP. Als Nachfolgerin der einstigen Staatspartei verfügt sie immer noch über Ressourcen und Präsenz im ganzen Land. Der Parteivorsitzende Attila Mesterházy hat diesen Vorteil des Apparats geschickt ausgespielt, als es darum ging, wer die Opposition als Spitzenkandidat anführen solle. Denn es gab zwei weitere Aspiranten, die früheren Ministerpräsidenten Gordon Bajnai (Partei Gemeinsam) und Ferenc Gyurcsány (DK).

Streit und Affären

Dass diese drei einander offensichtlich widerstrebenden Charaktere nun in ein Wahlbündnis namens "Regierungswechsel" genötigt wurden, um überhaupt eine Chance zu haben, ist wohl die folgenreichste Auswirkung des Wahlrechts. Denn sie finden keine gemeinsame Agenda, sondern machen vor allem durch Streit, Fehler und Affären auf sich aufmerksam. Der disziplinierten Fidesz-Partei fällt es leicht, den "Regierungswechsel" vor sich herzutreiben. Dabei böte auch Fidesz einer aggressiven Opposition Angriffsflächen. Es gib Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Vergabe von Land und Tabaklizenzen. Die Lebensbedingungen - vor allem auf dem Land - sind immer noch angespannt. Und es gibt einen gewaltigen Exodus an gut ausgebildeten Ungarn ins europäische Ausland.

Diese Themen werden von der rechtsextremen Partei Jobbik (Die Besseren) bedient. Jobbik ist mit Parolen gegen Roma und Juden 2010 ins Parlament eingezogen und machte dort mit entsprechenden Aktionen weiter Stimmung. Orbán hat ihnen etwas Wasser abgegraben, indem er selbst großzügig nationales Pathos austeilte. Jetzt im Wahlkampf versucht Jobbik, mit einer gemäßigteren Rhetorik Bürger zu gewinnen, die Fidesz kritisch sehen, aber keinesfalls das Linksbündnis wählen wollen. Anscheinend nicht ohne Erfolg: In Umfragen nähern sie sich wieder ihrem Stand von 2010, als sie 17 Prozent erhielten.

Nicht ohne Aussicht, wieder ins Parlament einzuziehen, ist die grün-liberale Partei LMP. Sie schien am Ende zu sein, als sie sich über der Frage spaltete, ob sie dem Linksbündnis beitreten solle. Doch dessen Schwäche ist die Chance der Rest-LMP, die in Umfragen an der Fünf-Prozent-Hürde schnuppert. Eine Vielzahl weiterer Parteien - insgesamt sind es 18 - hofft auf einen Überraschungserfolg, doch hat es keine von ihnen bislang geschafft, die demoskopische Wahrnehmungsschwelle zu überwinden. Eine Ausnahme bilden die Listen der Minderheiten, für die eine erniedrigte Schwelle gilt, um einen Abgeordneten zu entsenden. Aussichten haben die beiden größten Minderheiten: Die Roma und die Deutschen. Allerdings darf diese Listen nur wählen, wer sich zuvor registriert hat - und der darf dann keinen Wahlkreiskandidaten mehr wählen. Ob dies Fidesz nützt, wie teilweise geargwöhnt wurde, ist ungewiss und vor allem angesichts des großen Vorsprungs unerheblich.