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Dichtere Kontrollen

Wirtschaft Einigkeit über mehr Transparenz bei Rüstungsexporten. Linke will Ausfuhrstopp

12.05.2014
2023-08-30T12:26:14.7200Z
3 Min

Das ewig heikle Thema im Bundestag: Genehmigung von Rüstungsexporten. Wieviel Geheimhaltung muss das Parla-ment der Bundesregierung zugestehen? In welchem Ausmaß ist Kontrolle möglich?

Mehr Transparenz: Darauf hatten sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag verständigt. "Wir liefern", sagte denn auch der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch im Plenum. Betont ruhig präsentierte er die schwarz-roten Vorschläge - ebenso wie sein SPD-Kollege Bernd Westphal, der von ei-nem "für alle Abgeordneten schwierigen Thema" sprach. Deutlich leidenschaftlichere Töne schlug die Opposition an. Jan van Aken (Die Linke): mehr Transparenz gerne, aber besser ein komplettes Exportverbot. Agnieszka Brugger (Grüne): Transparenz, aber echte.

"Frühe Information"

Die Koalition mache bei der Genehmigung von Rüstungskontrollen "die parlamentarische Nachkontrolle dichter". So beschrieb Willsch den schwarz-roten Vorstoß im Bundestag. Es werde zu einer "sehr breiten, sehr frühen Information" kommen: Insbesondere, weil spätestens zwei Wochen nach Tagung des Bundessicherheitsrates der Bundestag unterrichtet werden müsse.

Willsch strich heraus, dass es sich bei der Befassung des Bundessicherheitsrates nicht um einen formellen Akt handle, sondern jedes Mal um eine Einzelentscheidung. Es gebe keinen Anspruch auf Genehmigung. Die Prüfung erfolge an Hand deutscher Gesetze, orientiere sich zudem am EU-Kodex und an den OSZE-Richtlinien. Herausragend sei die Beachtung der Menschenrechte. Bei Nicht-EU-Staaten und Nicht-Nato-Staaten werde mit Genehmigungen "äußerst restriktiv" umgegangen. Voraussetzung seien internationale Interessen wie Bekämpfung von Terror und Drogenhandel oder die Sicherung von Seewegen.

Willsch lenkte den Blick auch darauf, dass Deutschlands Rüstungsindustrie ihre technologischen Fähigkeiten erhalten müsse, um bei der Sicherung der Verteidigungsbereitschaft nicht von Dritten abhängig zu werden.

Industrie? Van Aken hielt Willsch entgegen, dass bei Rüstungsexporten ökonomische Interessen gar nicht berücksichtigt werden dürften. 500.000 Menschen kämen im Jahr durch Waffengewalt um - "auch durch deutsche Waffen". Nach seiner Darstellung schießen Taliban in Afghanistan "mit deutschen Waffen auf deutsche Soldaten".

Van Aken legte sich mit der SPD an, die in Sachen Rüstungsexporte früher "das Maul so weit aufgerissen" habe und nun "vor Scham in den Boden versinken" müsse. Dass der Bundestag jetzt mehr Informationen erhalten solle, sei "in Ordnung". Indes: "Transparenz allein verhindert keinen einzi-gen Waffenexport." Es gebe "nur eine Lösung". Nämlich: "Waffenexporte komplett verbieten." Er machte sich ausdrücklich mit Blick auf die CDU/CSU-Fraktion zwar keine Illusionen, dass dies auf absehbare Zeit im Bundestag durchzusetzen sei. Als Erstes solle aber zumindest der Export von Kleinwaffen verboten werden, die zu 70 bis 80 Prozent bei der Tötung von Menschen im Spiel sind.

Als "schon sehr polemisch" stufte Westphal van Akens Äußerungen ein. Auch er verwies auf die "restriktive Politik der Bundesregierung": keine Zustimmung bei Menschenrechtsverletzung oder Bürgerkriegen.

Westphal erläuterte, die Koalitionsfraktionen wollten keine Vermischung von Legislative und Exekutive. Das Grundgesetz weise Entscheidungen über Rüstungsexporte klar der Bundesregierung zu. Allerdings: Bei der Transparenz gebe es "Handlungsbedarf". Bisher seien die Rüstungsexportberichte "viel zu spät gekommen".

Westphal hob auf die Verfassungsklage der Grünen in Sachen Transparenz ab. Und meinte: "Wir haben uns gegen ein Abwarten auf Karlsruhe entschieden und konstruktiv gehandelt." Es würden "keine weiteren Geheimgremien" geschaffen, sondern die Transparenz werde zweifelsfrei erhöht.

Ganz anderer Ansicht war da die Grünen-Abgeordnete Brugger. Sie kritisierte, dass die Regierung "im Geheimen" befinde und dies "nicht einmal begründen" müsse. Für eine Demokratie sei dies "ein unhaltbarer Zustand". Diese Kritik sei früher von der SPD geteilt worden. Was die Koalition nun vorhabe, sei eine "herbe Enttäuschung".

Menschenrechte

Brugger machte einen "immer größeren Trend zu deutschen Waffenlieferungen in Staaten mit problematischem Umgang mit Menschenrechtsfragen" aus. Konkret forderte sie in diesem Zusammenhang von der Bundesregierung: "Stoppen Sie die Panzerlieferungen an Saudi-Arabien!" Sie verlangte ein Verbot von Rüstungsexporten in Staaten, in denen "die Menschenrechte mit Füßen getreten" würden.

Drei Anträge lagen der Debatte zugrunde. Gemeinsam setzen sich CDU/CSU und SPD dafür ein, "mehr Transparenz bei Rüstungsexportentscheidungen" sicherzustellen (18/1334). Der Antrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Danach soll der Rüstungsexportbericht noch vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause des Folgejahres veröffentlicht werden. Zusätzlich soll es im Herbst über das erste Halbjahr eine Zwischeninformation geben. Der Antrag sieht ferner umfassende Informationspflichten der Regierung für den Bundestag vor. Die Grünen drängen auf "echte Transparenz und parlamentarische Beteiligung" (18/1360). Die Linke macht sich "für ein generelles Verbot des Exports von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" stark (18/1348). Beide Anträge fanden keine Mehrheit.