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Parlamentarisches Profil : Der Theologe: Peter Hintze

17.11.2014
2023-08-30T12:26:24.7200Z
3 Min

E r ist einer von sechs Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages. Ein Begriff aber ist Peter Hintze vielen vor allem als CDU-Generalsekretär unter Helmut Kohl. Davor und danach hatte Hintze, der 1990 in den Bundestag kam, eine Vielzahl politischer Ämter inne. Von 1983 bis 1990 war er als Bundesbeauftragter für den Zivildienst Ansprechpartner junger Männer, die ihren Dienst statt in der Bundeswehr in der Altenpflege, in Krankenhäusern und anderen sozialen Einrichtungen leisteten. Mit dem Thema, zu dem er am Donnerstag im Bundestag sprach, kam Hintze schon vorher in Berührung: als Pfarrer in einer Gemeinde, auf deren Gebiet ein Krankenhaus lag. Er habe Gespräche mit sterbenden Patienten geführt, erinnert sich Hintze, und „erlebt, dass Menschen sehr unterschiedlich auf ihr Sterben, auf ihren Tod zugehen“.

„Wir haben heute mehr Möglichkeiten, Leid und Schmerz zu lindern, als in der Zeit, als ich noch aktiver Pfarrer war“, hebt Peter Hintze hervor. Diese Palliativ- und Hospizversorgung weiter zu verbessern und flächendeckend überall im Land zur Verfügung zu stellen, sei ein Ziel, über das sich alle im Parlament einig seien. Anders sei es bei der Frage, ob man ein Verbot der organisierten Sterbehilfe ins Strafgesetzbuch aufnehmen soll. Hier müsse man „aufpassen, dass wir nicht die Falschen treffen“. „Wenn ein Mensch in einem schlimmen Leidensdruck bei einer tödlichen Erkrankung den Wunsch gegenüber seinem Arzt hat, dass er friedlich einschlafen und nicht qualvoll sterben möchte, dann müssen wir sicherstellen, dass nicht ein Organisationsverbot auch einen so handelnden Arzt mit erfasst“, warnt Hintze.

Er hat zusammen mit den SPD-Abgeordneten Carola Reimann, Karl Lauterbach und Burkhard Lischka sowie seinen Fraktionskolleginnen Katherina Reiche (CDU) und Dagmar Wöhrl (CSU) ein Positionspapier verfasst, das einerseits organisierte Sterbehilfe ablehnt, andererseits in Extremsituationen Ärzten Rechtssicherheit geben will, die Patienten bei der selbstbestimmten Beendigung ihres Lebens helfen. Wobei es ausdrücklich nur ums Helfen geht. „Dass der Arzt selbst den Sterbeprozess einleitet, bleibt verboten“, betont Peter Hintze. „Es sollte immer so sein, dass der betroffene Patient bis zum Schluss die Handlungsfähigkeit darüber behält und dann auch ausübt und der Arzt ihm beisteht. Nur dann ist die Entscheidungstiefe und die Entscheidungsreife für den Schritt auch gesichert.“

Grundlage seiner Haltung sei der Freiheitsbegriff, sagt Hintze, „ein ganz wichtiger Maßstab in meiner politischen Arbeit: Die Freiheit des Individuums, die Autonomie der Person, die Selbstbestimmung.“ Der Staat müsse immer sehr genau überlegen, wo er meint, diese Freiheit einschränken zu müssen. „Ich glaube, dass gerade in dieser zentralen Frage, wie möchte ich sterben, der Staat sich äußerst zurückhalten muss.“ Hier – und Hintze betont: nur hier – weicht er von der Haltung seiner, der evangelischen, und auch der katholischen Kirche ab. Zurecht träten diese für den Lebensschutz ein, aber „wenn jemand von einer besonders leidensbehafteten Situation gequält wird, kann auch Hilfe zum Sterben etwas sein, das dem Gebot der christlichen Nächstenliebe folgt“.

Denen, die hier eine andere Position vertreten, zollt Hintze Respekt, wie überhaupt diese Debatte fraktionsübergreifend recht respektvoll geführt wird. Darauf angesprochen, meint der alte Partei-Haudegen: „Normalerweise lebt ja die Demokratie vom klaren Gegensatz, damit sich Menschen Urteile bilden können.“ Aber „bei dieser extrem existentiellen Frage zwischen Leben und Tod liegt es in der Natur der Sache, dass man im Umgang etwas behutsamer ist. Wobei ich hoffe, dass die Behutsamkeit bleibt.“ Er selbst könne schon ärgerlich werden, „wenn uns unterstellt wird, wir würden den Wert des Lebens nicht gleich hoch achten. Ich glaube, dass die Würde des Menschen und der Wert des Lebens von jedem in der Debatte hoch eingeschätzt werden. Alle müssen aufpassen, ich auch, dass wir hier nicht mit Begriffen arbeiten, die dann den anderen verletzen.“