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MINDESTLOHN : 8,50 Euro minus »Messerprämie«

Alle Fraktionen verurteilen klar den Missbrauch der Lohnuntergrenze

09.03.2015
2023-08-30T12:27:57.7200Z
3 Min

Seit 1. Januar gibt es in Deutschland den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro – mit einigen Ausnahmen. Minderjährige ohne Berufsabschluss, Auszubildende und die meisten Praktikanten sind davon ebenso ausgenommen wie Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer neuen Beschäftigung. Einige Branchen nutzen zudem Übergangsregelungen. Dies alles war schon bei Verabschiedung des Gesetzes klar. Inzwischen sind weitere Anpassungen dazu gekommen: In Gesprächen mit

dem organisierten Sport hat Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) klargestellt, dass Vertragsamateure und auch ehrenamtlich Tätige keinen Mindestlohn erhalten müssen.

Ginge es nach dem Arbeitgeberflügel der Unionsfraktion, müsste auch bei den

Dokumentationspflichten nachgebessert werden. Im Sinne einer Vereinfachung selbstverständlich. Grund genug für die Linksfraktion, Alarm zu schlagen. In einem Antrag (18/4183) warnt sie vor weiteren Aufweichungen des Mindestlohns – insbesondere bei den Dokumentationspflichten für die Arbeitszeiten.

Kriminelle Energie  Ohne eine Erfassung der Arbeitszeiten könne eine Abrechnung auf Stundenlohnbasis nicht funktionieren, sagte Klaus Ernst während der Debatte vergangenen Donnerstag. „Dann ist der Mindestlohn nicht kontrollierbar, was ja offensichtlich Ihr Interesse ist“, warf der Linken-Abgeordnete der Unionsfraktion vor. Zugleich kritisierte er „das Gerede von einem Bürokratiemonster“. Die deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft als Vertreter derjenigen, die die Einhaltung des Mindestlohns kontrollieren sollen, hätte vielmehr deutlich gemacht, dass es die vielen Ausnahmeregelungen seien, die die Bürokratie erzeugten. Ernst warnte davor, das Mindestlohngesetz aufzuweichen: Wer dies tue, stelle sich vor diejenigen, „die in dieser Frage ein höchstes Maß an krimineller Energie haben“.

Matthias Zimmer (CDU) wies darauf hin, dass sich der positive Trend auf dem Arbeitsmarkt trotz des Mindestlohns fortgesetzt habe. Zum Thema „Bürokratiemonster“ sagte Zimmer: „Monster sehen anders aus.“ Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit zu erfassen, sei „pragmatisch, schnell und unproblematisch“. Gleichzeitig machte Zimmer deutlich, dass es Abgrenzungsprobleme gebe – etwa beim Thema Sport und Ehrenamt. Daher sei er froh, dass Ministerin Nahles mit den Vertretern des organisierten Sports zu Regelungen gekommen sei. „Wir wollen mit dem Mindestlohn nicht das Ehrenamt kaputt machen“, betonte er.

Der Kollege Zimmer habe wohl eine Rede an die eigene Fraktion gehalten, stellte Brigitte Pothmer (Bündnis 90/Die Grünen) fest. Sie glaube jedoch nicht, dass diejenigen aus der Union, die „vor den Mikrofonen auftreten, mit Argumenten zu überzeugen sind“. Natürlich müsse bei einem derartig komplexen Projekt nachgebessert werden. Wer sich aber, wie Vertreter des Arbeitgeberflügels der Union, schon am ersten Tag des Jahres hinstelle und sage, die Aufzeichnungspflicht sei ein bürokratisches Monster, tauge nicht für die Rolle des ehrlichen Sachwalters, kritisierte Pothmer. Die Dokumentationspflicht, so ihre Einschätzung, werde instrumentalisiert, um den Mindestlohn auszuhebeln. Nach dem Motto: „Wenn wir schon einen Stundenlohn von 8,50 Euro akzeptieren müssen, dann werden wir bestimmen, wie lange eine Stunde dauert.“

Trinkgeld ist kein Lohn  Am 64. Tag der Gültigkeit des Mindestlohngesetzes sei es noch zu früh für eine Bilanz, befand Katja Mast. Es sei wichtig, in der Debatte zwischen Aufregung und sachlichem Inhalt zu unterscheiden, betonte die SPD-Abgeordnete. Zugleich verwies sie darauf, dass jeder fünfte Befragte in einer repräsentativen Studie des DGB angegeben habe, sein Arbeitgeber versuche, beim Mindestlohn zu tricksen. Etwa, indem Trinkgelder auf den Lohn angerechnet würden oder Fleischer „Messerprämien“ auf den Mindestlohn angerechnet bekämen. Auch, dass Bereitschaftszeiten nicht auf die Arbeitszeiten angerechnet würden, Lkw-Fahrer nur noch die Fahrzeit, nicht aber die Beladezeit angerechnet bekämen, sei „Missbrauch und letztlich Betrug“. Dafür brauche es keine weitergehenden rechtlichen Klarstellungen, machte Mast deutlich.