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FAMILIE : Sorge um Kindeswohl von 14.000 minderjährigen Flüchtlingen

Opposition fordert Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Koalition verspricht Gesetzentwurf

09.03.2015
2023-08-30T12:27:58.7200Z
2 Min

Die Linksfraktion fordert die Bundesregierung auf, die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention im Asylverfahrensgesetz und im Aufenthaltsrecht umzusetzen. Kern des entsprechenden Antrags (18/4185), über den der Bundestag am vergangenen Donnerstag in erster Lesung beriet, ist die Situation minderjähriger Flüchtlinge, die ohne ihre Eltern oder volljährige Verwandte nach Deutschland kommen. Diese müssten „in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, nicht in irgendwelchen Heimen und nicht in den Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber“ untergebracht werden, mahnte der Familienpolitiker Norbert Müller (Linke). Die Flüchtlingskinder dürften nicht nach starren Quoten auf Länder und Kommunen verteilt werden. Der Bund müsse sich an den Kosten stärker beteiligen, und zwischen den Ländern müsse ein Lastenausgleich stattfinden.

Zudem seien die „abenteuerlichen Zustände“ bei der Altersfeststellung von Kindern und Jugendlichen zu beenden, die über keine amtlichen Ausweispapiere verfügen. So würden allein in Hamburg zwei Drittel der Flüchtlinge, die sich als minderjährig zu erkennen geben, von den Behörden „künstlich älter gemacht“, häufig durch umstrittene medizinische Altersfeststellungsverfahren. Die Altersfestsetzung müsse beim zuständigen Vormundschafts- beziehungsweise Familiengericht angesiedelt werden. Nach dem Willen der Linksfraktion soll darüber analog zur Dublin-III-Verordnung im Aufenthalts- und Asylverfahrensrecht ein erweiterter Familienbegriff verankert werden, so dass bei Entscheidungen zu Vormundschaften im Sinne des Kindeswohls und der Familieneinheit auch die Beziehungen zu erwachsenen Geschwistern oder anderen Verwandten gewahrt werden.

Unterstützt wird der Antrag von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Deutschland verstoße noch immer gegen die UN-Kinderrechtskonvention und werde deshalb immer wieder ermahnt, kritisierte deren jugendpolitische Sprecherin, Beate Walter-Rosenheimer: „Das ist unsäglich.“ In Deutschland hielten sich 14.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf. Für sie müsse das Kindeswohl „an erster Stelle stehen“. Ihre Fraktion habe bereits im Herbst 2014 eine Große Anfrage zur Situation der minderjährigen Flüchtlinge gestellt, bislang aber keine Antwort erhalten. Die Bundesregierung lasse sich „wirklich viel Zeit“, das Problem anzugehen.

Der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg (CDU), versprach, die Koalition werde „in den nächsten Wochen und Monaten Lösungen erarbeiten, um diese Herausforderungen zu meistern“. Die Bundesregierung werde einen Gesetzentwurf vorlegen. Weinberg bezeichnete es als „selbstverständlich“, dass das Kindeswohl berücksichtigt werde. Dies sei eine rechtliche Vorgabe und müsse eingehalten werden. Er wies den Vorwurf zurück, wonach die Behörden in Hamburg vorsätzlich minderjährige Flüchtlinge älter einstufen. Dies sei eine „politische Unterstellung“.

Die SPD-Familienpolitikerin Gülistan Yüksel sagte, ihre Fraktion teile die inhaltlichen Forderungen der Linken. Das Thema tauge nicht für parteipolitisches Klein-Klein. „Bestehende Missstände müssen beseitigt werden. Das Kindeswohl hat den absoluten Vorrang in allem, was wir unternehmen. Die besonders belasteten Kommunen und Jugendämter müssen entlastet werden.“