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Mietrechtsnovelle : Bundestag tritt auf Bremse

Koalition erhofft ein Ende der Preisspirale. Opposition hat Zweifel

09.03.2015
2023-08-30T12:27:58.7200Z
3 Min

Lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen, happige Mieten – in den Szenebezirken der Großstädte, in den Ballungszentren und Uni-Städten lässt sich beobachten, was passiert, wenn hohe Nachfrage auf geringes Angebot trifft. Die Mieten steigen teils drastisch. Die sogenannte Mietpreisbremse soll dem nun ein Riegel vorschieben. Vergangenen Donnerstag verabschiedete der Deutsche Bundestag das Mietrechtsnovellierungsgesetz (18/3121, 18/3250) mit Stimmen der CDU/CSU und der SPD. Grüne und Linke enthielten sich, ein einzelner CDU/CSU-Abgeordneter stimmte dagegen. Das Gesetz sieht eine Deckelung der Mieten bei Neuvermietungen in bestimmten Gebieten vor und führt das Bestellerprinzip bei der Wohnungsvermittlung ein (siehe Beitrag unten).

Justizminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem „verdammt guten Tag für Mieterinnen und Mieter in Deutschland“. Die Mietpreisbremse werde für etwa fünf Millionen Wohnungen in Deutschland gelten, jährlich würden über 400.000 Mieter davon profitieren können, schätzte Maas. Laut Justizministerium sollen Mieter zudem durch Einsparungen bei Miete und Courtage um zirka 857 Millionen Euro jährlich entlastet werden. Die Deckelung werde sich „positiv auf die Stadtentwicklung auswirken“. Sie verhindere, dass Normal- und Geringverdiener „an den Stadtrand verdrängt werden“, sagte der Justizminister. Sören Bartol (SPD) betonte, mit der Mietpreisbremse werde ein zentrales Vorhaben der Koalition umgesetzt. Sie sei „kein Allheilmittel gegen Wohnungsmangel“, sondern Teil eines umzusetzenden Gesamtpakets. So verwies Bartol unter anderem auf eine weitere Mietrechtsnovelle und die Städtebauförderung.

Zankapfel der Koalition  Die Mietpreisbremse hatte im vergangenen Jahr für Zwist zwischen den Koalitionspartnern gesorgt. Eigentlich sollte das Gesetz bis zum Sommer 2014 über die Bühne gebracht werden. Doch daraus wurde nichts. Ein Referentenentwurf des Justizministeriums fiel bei der Union durch. Erst im Oktober beschloss das Kabinett dann einen geänderten Gesetzentwurf. Doch auch nach der ersten Lesung im November rumorte es. Erst bei einem Spitzentreffen der Koalition vorvergangene Woche wurde der Streit beigelegt.

Die langwierigen Auseinandersetzungen haben sich nach Ansicht von Jan-Marco Luczak (CDU) gelohnt. „Gegenüber dem Referentenentwurf haben wir viele fundamentale Änderungen und Verbesserung durchgesetzt“, sagte Luczak. Dazu gehöre, dass Neubauten komplett von der Mietpreisbremse ausgenommen seien. Denn: Nur der Bau neuer Wohnungen könne an den Ursachen der Mietsteigerung rühren. Die Mietpreisbremse dürfe keine Investitionsbremse werden, sagte der Christdemokrat. Wer Geld in die Hand nehme, für den sei es auch wichtig, dass es sich „wirtschaftlich trägt“ (s. auch Interview, S.2). Es sei auch entscheidend gewesen, die Länder in die Pflicht zu nehmen und objektive Kriterien für die Ausweisung der angespannten Wohnungsmärkte ins Gesetz zu schreiben. Schließlich handele es sich um einen „intensiven Eingriff“ ins Eigentumsrecht. Luczak bedauerte das Fehlen einiger Detailregelungen. So hätte man sich im Sinne der Rechtssicherheit etwa mit der Frage qualifizierter Mietspiegel näher auseinandersetzen können.

Hier sei eine Chance vertan worden, meinte auch Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU). Dennis Rohde (SPD) sagte, es sei ein Erfolg der SPD, Forderungen zum Beispiel nach einer sachlichen Beschränkung auf Ein- und Zwei-Zimmerwohnungen verhindert zu haben. Rohde gab zu, dass die Mietpreisbremse ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit sei. Aber Eigentum verpflichte eben auch, sagte der Sozialdemokrat mit Verweis auf das Grundgesetz. Die Vielfalt in den Städten sicherzustellen, „das ist und das bleibt ein gesellschaftlicher Mehrwert“, sagte Rohde. „Wir werden uns auch in Zukunft das Recht herausnehmen, ordnungspolitische Eingriffe vorzunehmen im Sinne der Mehrheit der Menschen in unserem Land“, kündigte er an.

Bei der Opposition fiel die Mietpreisbremse durch. Die Idee sei gut, die Umsetzung schlecht. Es sei ein „Tag der verpassten Chancen“, urteilte Linken-Vizefraktions-chefin Caren Lay. Das Gesetz sei durch die Ausnahmen „ausgehöhlt wie ein Schweizer Käse“. Sowohl die zeitliche Begrenzung auf fünf Jahre als auch die räumliche Einengung auf angespannte Wohnungsmärkte kritisierte Lay. Die Bremse müsse „flächendeckend“ und „dauerhaft“ wirken. Die Ausnahme von umfassend modernisierten Wohnungen käme einer „Einladung zur Luxusmodernisierung“ gleich, monierte die Linken-Abgeordnete. Diese Modernisierungen seien schon jetzt einer der Hauptursachen dafür, „dass Mieter aus ihren Wohnungen, aus ihren Stadtteilen vertrieben werden“.

Zu viel Zeit gelassen  Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) griff die Koalition ebenfalls scharf an. Sie habe keine „robuste Mietpreisbremse“ vorgelegt, es handele sich um eine „Mogelpackung“. Zudem habe die Umsetzung des Vorhabens zu lange gedauert. In der Zwischenzeit hätten zahlreiche Vermieter die Mieten „sicherheitshalber“ schon erhöht (s. auch „Parlamentarisches Profil“, S.2). Ihr Fraktionskollege Christian Kühn verwies zudem darauf, dass die Umsetzung der Maßnahme vor Ort ebenfalls noch Zeit in Anspruch nehmen werde. „Eine Mietpreisbremse, die im Gesetzblatt steht, hilft vor Ort noch nicht“, sagte Kühn.