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Ortstermin: Hauptversammlung der »Ehemaligen« : »Ich stehe für ehrliche Politik«

11.05.2015
2023-08-30T12:28:02.7200Z
2 Min

Eigene Erfahrungen an andere weitergeben, selbst Neues kennenlernen. Das ist die Devise für die Treffen der "Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Deutschen Bundestags und des Europäischen Parlaments". Fürs "Kennenlernen" hatte Präsidentin Ingrid Matthäus-Maier (SPD) bei der zweitägigen Hauptversammlung vergangene Woche an der Spree die "Ehemaligen" ins Rathaus des Berliner "Problembezirks" Neukölln geladen. Mit Laune schilderte sie im Bezirksverordneten-Saal, wie sehr sie sich vor einem Jahr bemüht habe, über die Veranstaltung mit dem damaligen Bezirksbürgermeister und "Klartextredner" Heinz Buschkowsky (SPD) ins Gespräch zu kommen. Als Matthäus-Maier nach etlichen Anrufversuchen nie zu ihm durchkam, sei sie kurzentschlossen mit dem Rad zum Rathaus gefahren. Dort habe sie ihn nach langem Warten endlich "stellen" können und dem "brummigen" Buschkowsky eine Zusage für einen Termin abringen können.

Der wurde nun nach Buschkowskys Rücktritt von seiner Nachfolgerin erfüllt. Franziska Giffey (SPD), 37 Jahre alt und erst seit drei Wochen im Amt, beeindruckte die ehemaligen Parlamentarier mit einem engagierten Vortrag über Neukölln, die dortigen Probleme, aber auch Vorzüge. "Die Probleme sind hinter den Gardinen", sagte sie. Das seien Familien, oft aus dem Ausland, die abgeschottet und von Hartz IV lebten, den Kindern kein Deutsch beibrächten beziehungsweise beibringen könnten und mit ihnen nichts unternähmen. Die Schulen, vor allem im Neuköllner Norden zu über 80 Prozent von Jugendlichen mit Migrationshintergrund besucht, stünden dann vor riesigen Herausforderungen.

Giffey ist ein sanfterer Typ als der hemdsärmelige Buschkowsky, will aber in Neukölln genau so konsequent und durchgreifend regieren wie ihr Vorgänger. "Ich stehe für pragmatische und ehrliche Politik." Am meisten Beifall gab es, als sie sagte, in ihrem Bezirk müssten "Regeln eingehalten werden". Es würden keine "Kreuzberger Verhältnisse" toleriert. Ob Wachschutz vor Bibliotheken, Nichtduldung von Müll vor der Haustür oder Zelten in Grünanlagen: "Neukölln setzt auf mehr Ordnung und Sicherheit im Bezirk", lautet die Handlungsanweisung im Rathaus. Peter Letzgus, von 1994 bis 2005 CDU-Bundestagsabgeordneter aus Sachsen-Anhalt, zeigte sich beeindruckt von Giffeys Vortrag. "Eine tolle Bürgermeisterin, die klar sagt, was sich gehört und was nicht."

Auf einer anschließenden Busfahrt wurde den "Ehemaligen" danach die Vielfalt des 326.000-Einwohnerbezirks, "Deutschlands zwanziggrößter Stadt", demonstriert. Die ehemaligen Parlamentarier waren außerdem noch bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu einem Vortrag mit Diskussion eingeladen. Bei der Jahreshauptversammlung im Reichstagsgebäude stand dann Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den rund 120 Alt-Parlamentariern zu einem breiten Themenspektum Rede und Antwort - von Geheimdiensten, Migration bis zu Tarifen. "Sehr spannend und lebendig", urteilte ein früherer Bundestagsabgeordneter.