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BAU : Mehr Wohngeld für rund 870.000 Haushalte

Bundestag stimmt höherem Mietzuschuss für Geringverdiener zu. Profitieren sollen auch 90.000 Haushalte, die bisher Grundsicherung erhalten haben

06.07.2015
2023-08-30T12:28:06.7200Z
3 Min

Haushalte mit geringem Einkommen dürfen sich ab 1. Januar 2016 über mehr Wohngeld freuen. Der Bundestag beschloss am vergangenem Donnerstag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD den von Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zur Wohngeldreform (18/5324). Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke enthielten sich der Stimme.

Zuletzt wurde das Wohngeld im Jahr 2009 erhöht. Nun soll der Mietzuschuss - vorausgesetzt der Bundesrat stimmt ebenfalls zu - an die Entwicklung der Einkommen und Wohnkosten angepasst werden. Erhielt ein Zwei-Personen-Haushalt im Jahr 2012 durchschnittlich 115 Euro Wohngeld im Monat, sollen es 2016 durchschnittlich 186 Euro im Monat ein. Insgesamt sollen mehr als 866.000 Haushalte von der Reform profitieren, darunter auch 90.000 Haushalte, die bisher auf Leistungen aus der Grundsicherung angewiesen waren.

Hendricks betonte in der Debatte, es sei "höchste Zeit" gewesen, das Wohngeld an die zuletzt vielerorts stark gestiegenen Mieten anzupassen. "Das Wohnen in Deutschland muss bezahlbar bleiben", mahnte die Ministerin. Dabei trage die Novelle auch den regional sehr unterschiedlichen Mietenentwicklung Rechnung. So würden die Miethöchstbeträge, die für die Höhe des Wohngeldes ausschlaggebend sind, in Regionen mit stark steigenden Mieten überdurchschnittlich stark angehoben.

Hendricks machte deutlich, dass sie sich eine Dynamisierung der Wohngeldzahlungen "unter sozialen Gesichtspunkten" gewünscht hätte, dies aber aus haushaltspolitischen Gründen nicht machbar gewesen sei. Eine automatische Anpassung des Wohngeldes an die Mietentwicklung hatten auch alle Sachverständigen in einer Anhörung des Umweltausschusses am 10. Juni gefordert. Ohne Dynamisierung müsse alle Jahre wieder eine Diskussion darüber geführt werden, ob und in welchem Umfang das Wohngeld erhöht werden sollte, so ihre Warnung.

Ganz ungehört verhallte diese nicht. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag auch einen Entschließungsantrag (18/5400) der Koalitionsfraktionen, der die Bundesregierung auffordert, das Wohngeld alle zwei Jahre zu überprüfen. Außerdem soll sie zusammen mit den Ländern die Einführung einer Klimakomponente im Wohngeld ausloten. Sie soll als Bonus für Einsparungen durch eine energetische Gebäudesanierung gezahlt werden.

Der Opposition, die mit ihren Entschließungsanträgen (18/5401, 18/5402) scheiterte, reichte das aber nicht. Keine Dynamisierung, keine Klimakomponente und auch nicht die Wiedereinführung der 2011 abgeschafften Heizkostenkomponente beim Wohngeld - für den baupolitischen Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Christian Kühn, hat die Bundesregierung damit "eine große Chance vertan". Die Novelle trage "die Handschrift des Rotstifts von Wolfgang Schäuble und der Haushälter der Großen Koalition", bemängelte er. Dasss die Koalition auf die Klimakomponente verzichte, wertete er zudem als "Farce": "Mit diesem Instrument könnte man es sozial schwachen Mieterinnen und Mietern in Deutschland ermöglichen, in gut sanierten Wohnungen zu leben" schimpfte Kühn, und erhielt dafür auch Unterstützung aus den Reihen der Koalition. So stellte Steffen-Claudio Lemme (SPD) klar: "Das Leben in energetisch saniertem Wohnraum darf aufgrund der höheren Kaltmieten nicht nur Besserverdienenden vorbehalten sein."

Heidrun Bluhm (Die Linke) bezeichnete die Wohngeldreform als "Augenwischerei". Damit würden lediglich "die schlimmsten Schäden der vergangenen sechs Jahre geheilt", für die Zukunft aber werde nichts getan. Sie forderte, den Kreis der anspruchsberechtigten Personen zu erweitern. Menschen mit Anspruch auf Wohngeld sollten zudem nicht mehr als 30 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttowarmmiete aufwenden müssen.

Yvonne Magwas (CDU) verteidigte die Novelle gegen die starke Kritik. Durch das erhöhte Wohngeld würden einkommensschwache Haushalte "schnell, wirkungsvoll und treffsicher" entlastet, betonte sie. Allerdings setzte auch sie sich dafür ein, das Wohngeld "in regelmäßigen Abständen" nachzujustieren.