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ERNEUERBARE ENERGIEN : Gewinner und Verlierer II

Wind, Sonne und Kraft-Wärme-Kopplung. Wie in Deutschland die Techniken genutzt werden

27.07.2015
2023-08-30T12:28:06.7200Z
3 Min

Für die deutsche Solarindustrie waren die vergangenen Jahre ein Albtraum. Seit dem Rekordjahr 2012, als Anlagen mit einer Leistung von 7.600 Megawatt ans Netz gingen, hat sich die Ausbaugeschwindigkeit jedes Jahr etwa halbiert. Selbst Pessimisten hatten kaum für möglich gehalten, dass es nach dem äußerst schlechten Jahr 2014 mit nur 1.900 Megawatt an neuer Leistung noch einmal deutlich nach unten geht. Doch danach sieht es aus. Laut den jüngsten Zahlen der Bundesnetzagentur wurden im Mai lediglich 100 Megawatt ans Netz gebracht, halb so viel wie im Vorjahresmonat. Branchenexperten gehen davon aus, dass es wohl nicht viel mehr als 1.200 Megawatt werden dürften.

Damit wäre Deutschland auf die Ausbaugeschwindigkeit von 2007 zurückgefallen - weit vor dem Solarboom. Auch das Regierungsziel von rund 2.500 Megawatt pro Jahr wird verfehlt. Deutschland, das zeitweise einen Weltmarktanteil von mehr als 50 Prozent hatte, ist im globalen Maßstab fast irrelevant geworden. Olav Hohmeyer, Professor für Energiewirtschaft an der Universität Flensburg, sagt: "Deutschland hat der Welt einen Gefallen getan und die Anschubfinanzierung für die globale Solarwirtschaft geleistet. Hierzulande ist der weitere Ausbau aber aufgrund der stark schwankenden Erzeugung nur noch eingeschränkt sinnvoll."

Die Branche ist auch Opfer ihrer eigenen Lobby-Erfolge geworden. Nachdem die Zahlungen der Kunden für Grünstrom (festgelegt im EEG, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz) stark gestiegen waren, beschlossen Regierung und Parlament eine deutliche schnellere Absenkung der EEG-Vergütung für Anlagenbetreiber. Derzeit werden maximal 12,88 Cent pro Kilowattstunde bezahlt, knapp halb so viel wie Anfang 2012.

Gegen höhere Subventionen Gleichzeitig sind aber die Anlagenpreise kaum gesunken und damit die Renditen für Investoren stark geschrumpft. Das liegt zum einen am gesunkenen Eurokurs, der den Import kostspieliger macht. Zum anderen verteuern Zollbeschränkungen auf chinesische Module das Angebot, die nach einem Handelsstreit von der EU-Kommission verhängt worden waren, die Dumping und illegale Beihilfen festgestellt hatte. Christoph Bachmair, Sprecher des Silizium-Herstellers Wacker Chemie aus München, sagt: "Wir schätzen, dass Photovoltaik-Anlagen rund zehn Prozent günstiger sein könnten ohne diese Beschränkungen, die sich zudem als großes Hindernis für die weitere Entwicklung der europäischen Solarindustrie erwiesen haben." Zusammen mit knapp 40 weiteren Unternehmen der Branche plädiert Wacker deshalb dafür, dass die EU-Kommission im Dezember entscheidet, die Schranken abzuschaffen. Allerdings setzen sich europäische Modulproduzenten, darunter Solarworld aus Bonn, für den Erhalt und sogar die Ausweitung ein.

Wie der Streit auch ausgeht: Entscheidend für die Branche ist auch die EEG-Reform, die laut Bundeswirtschaftsministerium Anfang 2016 angegangen werden soll. Ab 2017 soll komplett auf ein bereits getestetes Ausschreibungsmodell umgestellt werden: Es gibt dann keine fixe EEG-Umlage mehr, sondern die Ausbaumengen werden an den niedrigsten Bieter versteigert.

Gleichzeitig kommt in Deutschland aber auch endlich ein sogenannter "natürlicher" Markt in Gang. Schon jetzt wird ein Großteil der Anlagen nur gebaut, weil der Eigenverbrauch des Solarstroms finanziell sinnvoll ist. Immer häufiger wird der Eigenanteil mit einer Batterie hochgetrieben, die den Solarstrom zwischenspeichert. Der Energieriese E.ON teilte jüngst mit, bereits jede dritte Solaranlage zusammen mit einem Speicher auszuliefern.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW), der früher vor allem für hohe EEG-Tarife kämpfte, ist inzwischen umgeschwenkt. Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig sagt, die Solarbranche brauche keine zusätzlichen Subventionen. "Es reicht, wenn die Ausbau-Bremsen gelöst und keine neuen Barrieren aufgebaut werden."