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Ortstermin: Beim »Tag der Ein- und Ausblicke« : Ein etwas anderer Trubel

14.09.2015
2023-08-30T12:28:08.7200Z
2 Min

Es herrscht viel Trubel auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes. Das wäre in der Sitzungswoche, insbesondere dienstags, wenn die Fraktionen tagen, nichts Ungewöhnliches. Doch es ist ein Sonntag und der Trubel wird nicht von herumeilenden Abgeordneten verursacht, sondern von Tausenden Männern, Frauen und Kindern, die sich am "Tag der Ein- und Ausblicke" einen Eindruck vom Bundestag verschaffen. Auch die Fraktionen können dabei erkundet werden. CDU/CSU und SPD fahren dafür mit Spielen, Info-Ständen und Getränke-Bars groß auf. Bei den Grünen hält man sich präsentationsmäßig etwas zurück, bei den Linken setzt man auf Minimalismus und Info-Tafeln zu TTIP. Gemein ist allen Fraktionen, dass sie das Gespräch mit den Bürgern suchen - ob nun bei moderierten Diskussionen oder im direkten Austausch.

Zu entdecken gibt es an diesem Tag viel, nicht nur im Reichstagsgebäude samt Kuppel und Plenarsaal. Auch im Paul-Löbe-Haus, hier tagen normalerweise die Ausschüsse, und im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, dort sitzt unter anderem die Bibliothek, wird ein Blick hinter die Kulissen geboten. Wie funktioniert Ausschussarbeit? Was macht eigentlich der Petitionsausschuss? Und welche Informationsangebote betreibt das deutsche Parlament? Fragen, auf die sich an diesem Tag Antworten finden lassen, ob nun in multimedialen Präsentationen oder im direkten Gespräch. "Das ist schon einer sehr interessante Veranstaltung", sagte Frank Meyer aus Hamburg, der übers Wochenende Berlin besucht. "Man kennt den Bundestag ja sonst nur aus dem Fernsehen."

Auch den ganz normalen Politikalltag können die Besucher erleben. Inmitten des bunten Treibens auf der Fraktionsebene bauen sich plötzlich Kamerateams auf, Mikrofone werden angeschlossen. Journalisten checken ihre Laptops. Wenige Augenblicke später tritt der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann vor die Kameras. Hatte er davor noch mit Besuchern geplaudert, schaltet er nun auf Spitzenpolitiker-Modus. Vor den Kameras spricht er routiniert über die am Tag zuvor verkündete Aufnahme der in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge und den am selben Abend geplanten Koalitionsgipfel im Kanzleramt. Rundherum zücken die Besucher ihre Smartphones, um Schnappschüsse zu machen. Oppermann präsentiert sich großkoalitionär und verteidigt die Aufnahme gegen Kritik der CSU, ohne direkt auf die Christsozialen einzugehen. Das tut dafür wenig später Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grüne) in der gegenüberliegenden Ecke der Fraktionsebene. Dorthin sind die Kameras inzwischen gewandert, der Grünen-Fraktionsvorsitzende greift in seinem Statement, ebenfalls von einigen interessierten Zuschauern umgeben, die CSU direkt an. Ohnehin haben es die Bündnis-Grünen an diesem Tag mit der CSU. Ihre Fraktions-"Ecke" grenzen sie mit einem in bayrischen Landesfarben gehaltenen Schlagbaum vom Stand der bayrischen Landesgruppe der CDU/CSU-Fraktion ab. "CSU-Maut" steht auf dem dazugehörigen Schild und soll wohl als Stichelei gegen das aktuell aufs Eis gelegte Herzensprojekt der Christsozialen dienen. Die geben sich davon aber wenig beeindruckt. Vielmehr sind die Fraktions-Mitarbeiterinnen im Dirndl geschäftig dabei, Brezeln an die Besucher zu verteilen. Sören Christian Reimer