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ASYL : Zoff um Maghreb-Staaten

Koalition setzt im Bundestag Einstufung als sichere Herkunftsländer durch

17.05.2016
2023-08-30T12:30:01.7200Z
2 Min

Der Bundestag hat der umstrittenen Einstufung Algeriens, Marokkos und Tunesiens als sichere Herkunftsstaaten zugestimmt. Für den Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/8039) votierten am Freitag 424 Abgeordnete. Dagegen stimmten 145 Parlamentarier, darunter neben der Links- und der Grünen-Fraktion auch 22 Sozialdemokraten. Drei SPD-Abgeordnete enthielten sich. Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates, für die auch die Stimmen mehrerer Bundesländer mit Regierungsbeteiligung der Grünen erforderlich sind. Asylanträge von Staatsangehörigen sicherer Herkunftsländer sind laut Vorlage "vorbehaltlich der Möglichkeit einer Widerlegung der Vermutung der Verfolgungsfreiheit im Einzelfall" als offensichtlich unbegründet abzulehnen.

»Nicht politisch verfolgt« Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räumte in der Debatte Menschenrechtsprobleme in den drei Staaten ein. Wer in Algerien ein Mädchen unter 18 Jahren vergewaltigt, könne straffrei ausgehen, wenn er das Opfer heiratet. In Marokko müssten Aktivisten mit staatlichem Druck rechnen, wenn sie den Anspruch des Landes auf die Region Westsahara kritisieren. In Tunesien könnten Männer wegen homosexueller Handlungen strafrechtlich belangt werden. Daher werde Deutschland Menschen aus diesen Ländern weiterhin Schutz gewähren, "wenn ihnen ein individuelles Verfolgungsschicksal droht". Die "abstrakte Androhung einer Todesstrafe und die abstrakte Strafbarkeit von Homosexualität" allein sei aber kein Asylgrund. Antragsteller aus den drei Staaten würden in der Regel nicht politisch verfolgt.

Ulla Jelpke (Linke) betonte, in Algerien, Marokko und Tunesien gebe es "schwere Menschenrechtsverletzungen" wie etwa Folter. Bei solch relevanten Asylgründen dürften diese Länder nicht als sicher eingestuft werden.

Luise Amtsberg (Grüne) warnte, bei einer "Grundvermutung", dass keine Verfolgung vorliegt, sei es für Betroffene schwieriger, eine solche Verfolgung glaubhaft zu machen. Bei einer Einstufung als sichere Herkunftsländer drohe daher die Gefahr, die Fälle wirklicher Verfolgung nicht "'rauszufiltern".

Burkhard Lischka (SPD) sagte, das Asylrecht solle "diejenigen schützen, die in ihren Heimatländern politisch verfolgt werden oder vor Krieg und Tod fliehen". Die Einwanderung aus Algerien, Marokko und Tunesien erfolge aber zu mehr als 99 Prozent aus Motiven wie dem "Wunsch nach einem besseren Leben". Dies sei menschlich verständlich, aber kein Asylgrund.

Nina Warken (CDU) argumentierte, die "Schwelle zu einer systematischen und durchgängigen Verletzung schwerwiegender Menschenrechte" werde in den drei nordafrikanischen Staaten nicht überschritten. Daran änderten auch "die Einzelfälle von Verfolgung etwa wegen Homosexualität" nichts.