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NSA-AUSSCHUSS : Experten geschockt von Ausmaß der NSA-Spionage

Zeugen berichten von einer steten Zunahme der Angriffe auf Computernetzwerke des Bundes

27.06.2016
2023-08-30T12:30:03.7200Z
2 Min

Sie sind Profis mit langjähriger Erfahrung, alle beide. Vizepräsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) der eine. Der andere fast anderthalb Jahrzehnte lang IT-Direktor des Bundesinnenministeriums. Ein Mathematiker und ein Informatiker: Gibt es etwas in der digitalen Welt, was diese beiden noch staunen lässt? Diese Frage fand eine klare Antwort vergangene Woche im NSA-Ausschuss, wo Andreas Könen und Martin Schallbruch in fast gleichlautenden Worten von einer Offenbarung berichteten. Einer schockartigen Erkenntnis, die sie dem Whistleblower Edward Snowden verdankten. Mit all ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Cyberkrieg hatten sie die National Security Agency weit unterschätzt.

Staunende Experten Er sei überrascht gewesen, festzustellen, wie umfassend der US-Geheimdienst das globale Überwachungsgeschäft betreibe, schilderte BSI-Vizechef Könen seinen Eindruck, nachdem im Sommer 2013 die von Snowden gesammelten NSA-Dokumente öffentlich geworden waren. Gestaunt habe er über den "mengenmäßigen Umfang der Erfassung" als auch über die weltweite "Dichte der Erfassungspunkte". Und noch etwas anderes erregte Könens Verwunderung. Unter den in den Snowden-Dokumenten beschriebenen Verfahrensweisen seien viele gewesen, die seine Experten bis dahin für "unpraktikabel" gehalten hätten: "Snowden zeigt, dass wir mit unüblichen, teuren und vermeintlich unpraktikablen Mitteln rechnen müssen." Tief beeindruckt von den amerikanischen Schnüffel-Kapazitäten zeigte sich auch Schallbruch, der von 2002 bis 2016 im Innenministerium für Netzpolitik, digitale Gesellschaft, den IT-Einsatz in der öffentlichen Verwaltung sowie Cybersicherheit zuständig war. Er führte zudem die Fachaufsicht über Könens BSI. "Ich hatte nicht erwartet, dass das Ausmaß technischer Maßnahmen der NSA so gewaltig ist", sagte Schallbruch. Gestaunt habe er auch über die "Methodenvielfalt", die Mannigfaltigkeit der "verschiedenen Stoßrichtungen, um in fremde Systeme einzudringen".

Heilsamer Schock Dass das Internet ein gefahrenträchtiger Raum ist, hatten freilich beide Zeugen in ihrer Berufspraxis reichlich erfahren. Das BSI, zu dessen Kernaufgaben der Schutz der Bundesverwaltung gegen Cyberattacken zählt, versende Tag für Tag 130.000 Warnungen an betroffene Stellen, sagte Könen. Schallbruch schilderte, wie seit 2004 Behörden des Bundes eine stetige Zunahme von Angriffen auf ihre Computernetzwerke registrierten, ohne deren Urheber erkennen zu können. Schallbruch erwähnte auch seinen Kampf für eine einheitliche IT-Infrastruktur des Bundes und die strikte Beachtung von Sicherheitsstandards. Hier habe der Schock der Snowden-Affäre manch einen Bedenkenträger zu heilsamer Besinnung gebracht: "Es hat sich seit Snowden gravierend etwas verändert."