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GELDEXPERTIN : Die Bankerin

Eva Wunsch-Weber setzt auf Werte

29.08.2016
2023-08-30T12:30:06.7200Z
3 Min

Vertrauen spielt im Wirtschaftsleben insgesamt eine immens große Rolle. Es ist für mich als Bankerin, die den Beruf von der Pike auf gelernt hat, die grundlegende Basis für die Antwort auf die Frage, mit wem ich zusammenarbeite, wem ich mein Geld anvertraue, wo und wie ich investiere, wie ich Dinge im Leben absichere.

Für uns als Bank ist Vertrauen noch wichtiger als in anderen Lebensbereichen, weil die Menschen uns ja nicht nur gefühlsmäßig vertrauen, sondern uns ihr Vermögen anvertrauen. Menschen wollen, dass wir mit ihrem Geld verantwortungsbewusst umgehen, sie wollen einen verlässlichen Partner an ihrer Seite wissen, der ihre finanziellen Entscheidungen begleitet.

Das ist wie in einer Lebenspartnerschaft: Auch hier bildet das Vertrauen eine, ja die wesentliche Grundlage. Vertrauen hat im Privaten wie im Geschäftlichen verschiedene Aspekte. Zum einen müssen sich die Partner erst einmal vergewissern, dass sie sich von denselben Werten leiten lassen. Zweitens muss jede Seite sicher sein, dass die jeweils andere verlässlich ist, zu ihrem Wort steht. Zum dritten ist eine offene und kommunikative Ebene wichtig für eine gesunde Vertrauensbasis. Das geht nicht von heute auf morgen, das baut man langfristig auf. Unser Haus ist fast 155 Jahre alt. Und wenn man sich die Beziehungen gerade zu den mittelständischen Kunden anschaut, dann arbeitet eine große Zahl von ihnen schon über Generationen mit uns zusammen.

Wir orientieren uns an dem Begriff des ehrbaren Kaufmanns. Das bedeutet, dass wir verantwortungsbewusst handeln. So verkaufen wir zum Beispiel keine Kundenforderungen an Dritte. Bei uns im Haus gibt es auch keine Einzelziele: Das heißt, wenn Sie heute als Kunde in unsere Bank kommen, dann wissen Sie, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin unseres Hauses mit Ihnen als Kunde eine Beziehung, eine Partnerschaft aufbauen will, die auf Vertrauen basiert. Und daraus entwickeln sich dann die geschäftlichen Dinge, oft über Jahrzehnte und Generationen hinweg.

Orientierung nach Krise Die Finanzkrise hat das Vertrauen zu den Banken beschädigt. Mir steht es nicht an, über andere Banken ein Urteil zu fällen, die durchaus komplexere Strukturen haben. Wir haben damals aber wahrgenommen, dass Kunden eine Orientierung suchen. Sie wollten wissen, ob ihre Bank in problematische Geschäfte auf den Geld- und Kapitalmärkten involviert war und ob sie solche Produkte angeboten oder verkauft hat. Heute sind diese Entwicklungen für unsere Kunden Vergangenheit, stattdessen stellen sie in Zeiten der Niedrigzinsen die Frage, was mit ihrem Vermögen passiert. Die Geldanlage wird schließlich immer schwieriger. Wird mein Vermögen das bleiben, was es ist? Wird es sich mehren? Das wollen die Kunden wissen. Hier muss ich meiner Bank vertrauen können.

Anfang des Jahrtausends lebte die Branche in dem Gefühl, dass es keine Grenzen bei der wirtschaftlichen Entwicklung gibt. Im Nachhinein betrachtet sagt jeder, man ist von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Dann gab es zwei klare Justierungen: Eine Bankenaufsicht, die sich international aufstellt und die Tatsache, dass jede Bank sich gefragt hat, welche Lehren sie aus der Entwicklung zieht - auch unser Haus. Die Volksbanken haben zwar die Finanzkrise nicht verursacht, sie waren an ihr nicht beteiligt und sie wurden durch diese deshalb auch nicht erschüttert. Doch wir haben trotzdem auch eine Lehre daraus gezogen: Man muss sich täglich seiner Werte rückvergewissern, um das Vertrauen der Menschen nicht zu verlieren. Aufgezeichnet von

Lukasz Galkowski

Der Autor arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main.

Biographisches: Eva Wunsch-Weber ist die einzige Frau an der Spitze einer großen Genossenschaftsbank in Deutschland. Ihre Karriere begann mit einer Banklehre in Freiburg, danach absolvierte sie ein wirtschaftswissenschaftliches Studium in Mannheim. Nach einer Traineeausbildung hat sie sich entschieden, zur Frankfurter Volksbank zu wechseln. Sie hat dort in der Hauptfiliale im Firmenkundenbereich begonnen, 1997 die Leitung des Vorstandsstabes übernommen, ist 2008 in den Vorstand berufen worden und seit 2012 als Vorstandsvorsitzende tätig.