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Vor 30 Jahren... : Plenarsaal im Pumpenhaus

29.08.2016
2023-08-30T12:30:05.7200Z
1 Min

9.9.1986: Bundestagspremiere im Wasserwerk Plötzlich Hinterbänkler. Als der Bundestag am 9. September 1986 erstmals im Bonner Wasserwerk tagte, hatten einige Abgeordnete ein Problem: Außer für die Fraktionsspitze waren keine Sitze reserviert. Wer spät kam, musste hinten Platz nehmen, manche sogar auf Klappstühlen. Auch die gewohnten Pulte gab es nicht an jedem Platz. So funktionierte etwa Otto Graf Lambsdorff (FDP) seinen Aktenkoffer um und benutzte ihn auf den Knien liegend als Schreibunterlage. Dennoch gewann das Parlament seinem Ausweichplenarsaal viel Gutes ab.

Der vorübergehende Umzug des Bundestags war nötig geworden, weil der 1949 errichtete Bonner Plenarsaal dringend saniert werden musste. Als Ersatzquartier wurde das Pumpenhaus eines stillgelegten Wasserwerks im Regierungsviertel auserkoren. Korrespondenten lobten den neugotischen Bau von 1875 als einen der "originellsten, wenn nicht sogar einen der schönsten Parlamente der Welt" oder machten wegen des Lichts, das durch die Rosettenfenster fiel, "eine leicht sakrale Atmosphäre" aus. Bundestagspräsident Philipp Jenninger (CDU) hoffte indes in seiner Eröffnungsrede, dass die Enge - das Pumpenhaus war nur halb so groß wie der alte Plenarsaal - dazu beiträgt, "die Debatten lebendiger zu führen". Zumindest an historischen Ereignissen mangelte es in den sechs Jahren im Wasserwerk nicht. 1990 verabschiedete das Parlament dort den Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR. 1991 folgte die Entscheidung für den Umzug nach Berlin. Benjamin Stahl