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TRANSPARENZ : Glasnost im Bundestag

Das Parlament selbst und Gerichtsurteile haben für mehr Offenheit gesorgt

29.08.2016
2023-08-30T12:30:06.7200Z
3 Min

Die Frage, wie gläsern der Bundestag und seine Abgeordneten sein sollen, ist seit langem ein Streitthema. Seit den 1970er Jahren hat das Parlament Regelungen eingeführt, die seine Arbeit transparenter und Interessenkonflikte von Abegordneten sichtbar machen sollen. Nichtregierungsorganisationen fordern aber mehr Offenheit, auch Gerichte haben den Bundestag schon zu mehr Transparenz verpflichtet. Eine Schwierigkeit dabei: Das Transparenzgebot darf das grundgesetzlich garantierte freie Mandat und die Parlamentsautonomie nicht einschränken. Ein Überblick über die wichtigsten Diskussionspunkte:

Gläserne Taschen Ein klassisches Instrument, um mögliche Interessensverknüpfungen von Abgeordneten anzuzeigen, ist die Offenlegungspflicht von Nebeneinkünften. Genauso wie Unternehmensbeteiligungen und Ehrenämter müssen Nebentätigkeiten gegenüber dem Bundestagspräsidenten angegeben werden. Das sehen die Verhaltensregeln für Abgeordnete vor, die Teil der Geschäftsordnung des Bundestags sind. Wieviel die Parlamentarier dazuverdienen, müssen sie seit 2013 auf einer zehnstufigen Skala angeben. Die unterste Stufe umfasst den Bereich von 1.000 bis 3.500 Euro brutto monatlich, die höchste Stufe Einnahmen ab 250.000 Euro. Wer weniger als 1.000 im Monat oder 10.000 Euro im Jahr dazuverdient, ist nicht berichtspflichtig. Bei Verstößen kann das Bundestagspräsidium Geldstrafen verhängen. Der Bundestag veröffentlicht die Informationen im Amtlichen Handbuch und verlinkt sie mit den Abgeordnetenbiografien auf seiner Webseite. Die Nichtregierungsorganisation Abgeordnetenwatch wertet die Daten aus. Laut ihren neuesten Berechnungen hat ein Viertel der Abgeordneten einen Nebenjob, mindestens 18 Millionen Euro haben die Mandatsträger seit der Wahl 2013 dazuverdient.

Nach Ansicht lobbykritischer Organisationen reicht die geltende Rechtslage nicht aus. Ein Kritikpunkt ist die Ungenauigkeit der Stufenregelung: "Dass viele Millionen Euro im Dunkeln bleiben, ist nicht hinnehmbar. Die Abgeordneten müssen endlich sämtliche Nebeneinkünfte offenlegen, und zwar vom ersten Euro bis zum letzten Cent", fordert Abgeordnetenwatch.de-Geschäftsführer Gregor Hackmack. Darüber hinaus bemängeln die Organisationen, dass die Selbständigen und Freiberufler unter den Abgeordneten ihre Vertragspartner oder Mandanten nicht öffentlich machen müssen.

Lobbyregister Ein weiterer Zankapfel ist die Forderung nach einem verbindlichen Register für alle Lobbyisten, die gegenüber dem Bundestag Interessen vertreten möchten. Derzeit gibt es nur eine freiwillige Variante - die 1972 eingeführte Verbände-Liste. Eintragen lassen können sich dort ausschließlich Verbände, nicht aber Unternehmen, Kanzleien oder Think Tanks. Auch Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts und deren Dachorganisationen werden nicht aufgenommen. Der Eintrag in der Liste ist Voraussetzung dafür, bis zu zwei Hausausweise für das Parlamentsgebäude zu bekommen. Vertreter von unregistrierten Organisationen erhalten seit Februar 2016 keinen Dauerzugang mehr, sondern nur noch Tagesausweise. Zuvor war das möglich, wenn sie die Unterschrift vom parlamentarischen Geschäftsführer einer Fraktion vorweisen konnten.

Zuletzt forderten im Juni Grüne und Linke in zwei Anträgen (18/3920 und 18/3842), durch ein verpflichtendes Register die Lobbytätigkeit für die Öffentlichkeit transparent zu machen. Auftraggeber, Interessensgebiet und Finanzen der Lobbysten sollen nach dem Willen der Oppositionsfraktionen dort erfasst werden. Die Koalitionsfraktionen lehnten das ab - auch mit Verweis darauf, dass das freie Mandat immer mehr reglementiert werde. Nichtregierungsorganisationen fordern darüber hinaus auch ein Lobbyregister für die Regierung, da insbesondere Ministerien die Adressaten von Interessensvertretern sind. "Lobbyismus vollzieht sich in Deutschland immer noch weitgehend im Dunkeln", bemängelte Timo Lange von LobbyControl.

Wissenschaftliche Gutachten Mehr Transparenz hat die parlamentarische Arbeit auch dadurch bekommen, dass seit Februar 2016 die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes öffentlich verfügbar sind. Zuvor hatten nur die Abgeordneten Zugang, die den Wissenschaftlichen Dienst beauftragt hatten. Dagegen hat ein Journalist geklagt und vorm Bundesverwaltungsgericht Recht bekommen. Begründung: Das Informationsfreiheitsgesetz, das Verwaltungshandeln offenlegen soll. Der Deutsche Bundestag ist, soweit es um Gutachten und sonstige Zuarbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geht, eine informationspflichtige Behörde, urteilte das Gericht. Gegenargument des Bundestags war, dass die Unterlagen Teil der Mandatsausübung seien. eb