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EDITORIAL : Präsident als Protest

27.12.2016
2023-08-30T12:30:13.7200Z
2 Min

Wofür, außer für sich selbst, steht dieser Donald Trump eigentlich? Das ist schwer zu sagen. In einem mit bespielloser Schlichtheit geführten Wahlkampf wurde lediglich klar, wogegen der Mann ist: gegen Zuwanderung, gegen bewährte Werte in den US-Außenbeziehungen, gegen Freihandel, gegen Muslime und vieles mehr.

Unter Trumps Führung sollen die USA wieder zu alter Stärke zurückfinden. "Make America great again", lautete seine Botschaft. Das war einfach und kam an.

Ist die alte Machtelite, zu der landläufig auch Trumps Wahlkampf-Gegnerin Hillary Clinton und Ehemann Bill, der Ex-Präsident, gezählt werden, erst einmal abgelöst, geht es aufwärts. Vor allem wirtschaftlich. Der Rest, so die Logik des Milliardärs, ergibt sich dann von selbst. So funktioniert der "American dream".

Dass es so einfach nicht werden wird, ahnen auch viele Trump-Wähler. Längst nicht alle sind Fans des Mannes mit den Drei-Wort-Sätzen. Sie nehmen Trump in Kauf, um dem Establishment eins auszuwischen.

So funktioniert Protestwahl, in den USA und anderswo. Wie hoch der Preis für diese Demonstration sein wird, kann heute niemand seriös ermessen.

Wie aber soll die Welt jetzt mit diesem Polit-Quereinsteiger umgehen, dem stets eine Aura von Selbstverliebtheit umweht?

Zunächst einmal respektvoll. Trump ist ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt. Seine Berufung zum Präsidenten durch das amerikanische Volk macht die Zeitläufte gewiss nicht berechenbarer. Aber sie ist bis zum Beweis des Gegenteils auch kein Beleg dafür, dass die Supermacht USA fürderhin planlos durch die Weltpolitik taumelt.

Es wird jetzt darauf ankommen, unaufgeregt ein Gefühl für die Verhältnisse im Weißen Haus zu entwickeln. Schwierigkeiten sind absehbar, etwa angesichts der außenpolitischen Unbedarftheit des neuen Hausherrn.

Es ist schon bemerkenswert, wenn der US-Präsident noch vor seiner offiziellen Ernennung erst einmal China brüskiert, weil er mit der taiwanischen Staatschefin telefoniert hat. Die Welt wird daran aber nicht zu Grunde gehen.

Donald Trump ist eine Herausforderung. Eine Katastrophe ist seine Wahl zum US-Präsidenten einstweilen nicht.