Piwik Webtracking Image

REGIONALE PRODUKTE : Aus dem Umland auf den Esstisch

Angebote aus heimischer Gegend bieten Verbrauchern eine Möglichkeit, Agrarerzeugnisse mit definierter Herkunft zu kaufen

13.11.2017
2023-08-30T12:32:29.7200Z
4 Min

Wissen, wo es herkommt: Produkte aus der Region verbinden die Verbraucher mit Frische, kurzen Transportwegen und wenig Treibstoffverbrauch - das ermittelten Umfragen der Deutschen Landwirtschaft-Gesellschaft (DLG). Dabei gab es durchaus regionale Unterschiede beim Wunsch nach Regionalität: Menschen in Süddeutschland akzeptieren bis zu zehn Prozent höhere Kosten für regionale Produkte, während die Verbraucher im Osten Deutschlands nicht mehr Geld dafür ausgeben wollen. Dem 2016 erschienenen Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge legen 76 Prozent aller Befragten darauf Wert, dass ein Lebensmittel aus ihrer Region kommt. Dieser Wunsch steige mit zunehmendem Alter. Am wichtigsten finden Verbraucher die Angabe der Region bei Milch und Molkereiprodukten, gefolgt von Obst und Gemüse sowie Fleisch und Wurstwaren, so die Ergebnisse einer Verbraucherumfrage des privaten Forschungsinstituts Agrifood.

Marktchance für Erzeuger? Eine positive Willensbekundung und viele Vermarktungsoptionen versprechen die Umfragen. Also eine Marktchance für Bauern, Imker oder kleine Schlachter, die vor Ort verkaufen wollen? Fragt man bei der Offizialberatung der Landwirtschaftskammer, stellen die Berater allenfalls einen Trend zur Regionalität, aber keinen Boom fest. Für Landwirte, die ihre Produkte direkt vermarkten wollen, ist vor allem der Standort entscheidend, denn in Ballungszentren herrscht eine größere Kaufkraft als in dünner besiedelten ländlichen Räumen. Es verwundert also nicht, dass Gemüseabos und Hofkisten vor allem im Speckgürtel von Großstädten wie Hamburg, Berlin oder München florieren. Wer seine Produkte im eigenen Hofladen verkaufen will, muss gut erreichbar sein sowie lange Öffnungszeiten und eine größere Produktpalette bieten.

Seit 2014 können Verbraucher mit dem "Regionalfenster" gekennzeichnete Produkte kaufen. Vom Bundeslandwirtschaftsministerium initiiert, von den verarbeitenden Betrieben und dem Handel mitgetragen, wurde 2012 ein Trägerverein gegründet. Die Zielsetzung liegt in der Kennzeichnung der Herkunft der Lebensmittel und soll die Verbraucher beim Einkauf unterstützen. Auch gibt es die unterschiedlichsten Websites mit Datenbanken von Regionalanbietern, angefangen von den Landwirtschaftskammern bis hin zu Adresslisten bei den Öko-Anbauerverbänden. Wer sich mobil informieren will, wo er in der Nähe Lebensmittel besorgen kann und wer die Erzeuger der Produkte sind, dem hilft etwa die "RegioApp" des Bundesverbandes der Regionalbewegungen zur raschen Suche nach regionalen Produkten und regionaler Gastronomie.

Konzepte Und wie stellt sich die Situation im Lebensmitteleinzelhandel dar? Eine Anfrage bei großen Lebensmitteleinzelhandelsketten erbrachte 2016 unterschiedliche Ergebnisse und Strategien. Für Real ist Regionalität etwa "elementarer Bestandteil seiner Food-Strategie". Das regionale Sortiment bestehe aus mehr als 20.000 Artikeln von 1.600 Lieferanten und werde ständig erweitert. Unter dem Label "Gutes aus der Heimat" werden bei real Lebensmittel direkt aus der Region angeboten. Damit die Produkte regionaler Lieferanten gelistet werden können, müssen sie die gleichen Qualitätssicherungs-Anforderungen erfüllen, wie sie für andere Lieferanten gelten; zudem muss ein gewisses Volumen geliefert werden können.

Lidl verweist auf seine Eigenmarke "Ein gutes Stück Heimat", die 2010 eingeführt wurde. Rohstoffe, Erzeuger und Hersteller stammen aus Bayern. Über die Eigenmarke werden Milchprodukte, Fleisch und Wurstwaren sowie Eier aus Bodenhaltung vermarktet. Die teilnehmenden Landwirte werden auf der Homepage vorgestellt. Anforderungen sind etwa die Einstufung von Milch in die Güteklasse S, Verbot des Einsatzes gentechnisch veränderter Futtermittel, Teilnahme am Qualitätssicherungsprogramm "Geprüfte Qualität Bayern" und Milchviehhaltung im Laufstallsystem.

Aldi Nord hat keine eigene Regionalmarke, sondern verkauft nur einzelne Produkte wie etwa regionale Weidemilch in Schleswig-Holstein. In seiner Obst- und Gemüsesparte verweist das Unternehmen auf "regionale Einkaufsstrukturen, die Frische garantieren, Transportwege einsparen und die Umwelt schonen." Auch Aldi Süd sieht vor allem bei Obst und Gemüse regionale Vermarktungschancen und bietet in Süd- und Westdeutschland entsprechende Produkte an. Bei den Wurstwaren sind einige Produkte mit dem Regionalfenster gekennzeichnet, auch werden in einigen Bundesländern Eier aus der Region angeboten.

Zum Edeka-Verbund gehören rund 4.000 mittelständische Kaufleute, die in ihrer Region verwurzelt sind. Sie entscheiden über die Sortiments- und Preisgestaltung ihrer Märkte und bieten zahlreiche Produkte von Lieferanten aus der Umgebung an. Unterstützt werden sie von mehreren Edeka-Großhandelsgesellschaften, die regionale Markenprogramme für frische Produkte führen wie "Unsere Heimat - echt & gut" als Regionalmarke der Edeka Südwest.

Rewe unterteilt regionale Lebensmittel in die nationale Eigenmarke "Rewe Regional" und lokale Lebensmittel als Produkte von Erzeugern aus der Nähe und Verkauf unter deren Label. Im bundesweiten Konzept "Aus Liebe zur Heimat" bieten lokale Erzeuger unter eigenem Namen und eigener Produktaufmachung etwa Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst, Fisch aus Aquakultur, Molkereiprodukte, Honig, Eier, Aufstriche und Öle an. Die "Lokalitätsbeauftragten" der jeweiligen Rewe-Region sind fungieren als Ansprechpartner für interessierte Landwirte oder Metzger und akquirieren weitere Erzeuger.

Eigene Vermarktung Die Regionalvermarktung ist sehr vielseitig und reicht von der Direktvermarktung in Verkaufsständen, Hofläden, Wochenmärkten über Liefer-abos, Shop-in-Shop-Platzierungen oder Regionaltheken im Lebensmitteleinzelhandel bis hin zu Eigenmarken des Handels. Ob für Landwirte eine eigene Vermarktung Sinn macht, ist für sie eine Frage des Standortes und des Verarbeitungsgrades, der Saisonalität der Erzeugnisse und der Abnahmesicherheit. Den Konsumenten bieten Produkte aus der Region mehr Transparenz sowie weniger Anonymität und Austauschbarkeit von Lebensmitteln. Letztlich entscheiden die Verbraucher bei jedem Einkauf mit, welche Produkte welchen Marktanteil haben. Regionalität ist dabei eines der Kaufkriterien.

Die Autorin lebt als freie Fachjournalistin in Winsen (Aller).