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Vor 45 Jahren... : Das Präsidium wird weiblicher

04.12.2017
2023-08-30T12:32:30.7200Z
1 Min

13.12.1972: Annemarie Renger zur Bundestagspräsidentin gewählt. Die Formulierung klang etwas ungelenk. "Frau Präsident, ich übermittle Ihnen die Wünsche des Hauses", sprach Alterspräsident Ludwig Erhard (CDU) die erste Frau an der Spitze des Bundestages nach deren Wahl an. Auch im Plenarprotokoll vom 13. Dezember 1972 ist von "Präsident Frau Renger" die Rede. Gemeint ist die SPD-Politikerin Annemarie Renger, die erste Bundestagspräsidentin der Geschichte.

Von SPD-Urgestein Herbert Wehner vorgeschlagen, wurde sie von 438 der 516 Abgeordneten gewählt. "Die Wahl einer Frau (...) für dieses Amt", begann Renger ihre erste Rede als Bundestagspräsidentin, "hat verständlicherweise einiges Aufsehen erregt. Das Erstmalige und mithin Ungewohnte gerät in die Gefahr, zum Einmaligen und Besonderen erhoben zu werden." Eine Vorstellung, die der damals 53-Jährigen nicht gefiel. Frauen im Bundestag sollten - auch wenn sie "zahlenmäßig nicht so stark vertreten sind, wie es ihre Rolle in Staat und Gesellschaft erfordern würde" - keine Ausnahmestellung wünschen. Als erste Frau im Amt hoffte sie dazu beitragen zu können, "Vorurteile abzubauen, die einer unbefangenen Beurteilung der Rolle der Frau in unserer Gesellschaft noch immer entgegenstehen".

In ihre Rolle fand sich Renger schnell ein. Kaum ein Jahr im Amt, galt sie dank ihres präsidialen Stils als populärste deutsche Politikerin. Vier Jahre stand sie an der Spitze des Parlaments, bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 1990 blieb sie Vizepräsidentin. Renger starb im Jahr 2008. Benjamin Stahl