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Arbeit und Soziales : Keine Zeit zum Ausruhen

Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II sinken um 500 Millionen Euro

09.07.2018
2023-08-30T12:34:31.7200Z
4 Min

Ein Minus zum ursprünglichen Entwurf der Regierung von satten 580 Millionen Euro: In anderen Ressorts würde dies einen Aufschrei der Empörung erzeugen. Für die Haushälter der Regierungsfraktionen, die sich in der vergangenen Woche noch einmal mit dem Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales befassten, war dies aber keineswegs eine schlechte Nachricht. Im Gegenteil: Wegen der guten Konjunktur sei man in der Lage, diese Summe beim Arbeitslosengeld II und noch einmal 100 Millionen Euro bei den Kosten für Unterkunft und Heizung einzusparen, freute sich Axel Fischer (CDU). Gleichzeitig versicherte er, dass Sparen natürlich nicht das einzige Ziel sei, sondern man gleichzeitig viel Geld in die Hand nehme, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen. So seien beispielsweise die Ausgaben für die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Vergleich zu 2017 um 300 Millionen Euro erhöht worden, betonte Fischer.

Erwartungsgemäß reagierte die AfD-Fraktion auf diese frohen Botschaften ablehnend. Uwe Witt (AfD) kritisierte, dass nach wie vor zu viele Menschen im Niedriglohnsektor festhingen. Hartz IV habe Millionen zu arbeitenden Armen gemacht. "Wir brauchen eine Sozialpolitik, die sich zuerst um unsere eigenen Bürger kümmert", forderte er, ließ aber offen, wer genau damit gemeint sein könnte.

Solidarität statt Spaltung Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) warf Witt vor, ein Zerrbild von Deutschland zu verbreiten. Natürlich gebe es viele Menschen, denen es nicht gut gehe. Um diese wolle man sich unter anderem durch die Schaffung eines soziales Arbeitsmarktes kümmern. Außerdem soll die Einkommensgrenze, ab der Sozialversicherungsbeiträge voll wirksam werden, von 850 Euro auf 1.300 Euro angehoben werden. Dennoch gehe es dem Land insgesamt wirtschaftlich so gut wie seit Jahren nicht, erwiderte Heil. Auch Kerstin Tack (SPD) kritisierte den Ansatz der AfD. "Wenn wir über Sozialpolitik reden, dann reden wir von Zusammenhalt und einem solidarischen Sozialstaat und nicht von Spaltung der Gesellschaft", sagte sie.

Genau dies warfen aber die anderen Fraktionen, wenn auch mit unterschiedlichen Motiven, der Bundesregierung vor. Für die FDP ging es dabei um die Spaltung der Generationen, für Grüne und Linke vor allem um die Spaltung in Arm und Reich.

Michael Theurer (FDP) bezeichnete die Ausweitung der Mütterrente und die geplanten Zuschüsse für Geringverdiener bei der Rente als verantwortungslos. Zusätzliche Milliarden für die Mütterrente dürften nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden, sagte er mit Verweis auf die jährlich steigenden Zuschüsse des Bundes an die Rentenkasse. "Diese Politik ist nicht enkelfit, sie ist nicht generationengerecht", sagte Theurer.

Gesine Lötzsch (Die Linke) kritisierte, es werde zu wenig über die Humanisierung der Arbeitswelt gesprochen. So dürften Mitarbeiter der Deutschen Post nicht mehr als zehn Krankheitstage pro Jahr haben, wenn sie eine Festanstellung bekommen wollen. "Hier muss die Bundesregierung eingreifen", forderte sie. Lötzsch plädierte ebenfalls für ein Ende der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II und einen höheren Mindestlohn.

Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf die chronische Unterfinanzierung der Jobcenter, die auch der aktuelle Haushalt nicht beende. AfD und FDP hätten sogar noch gefordert, die Mittel weiter zu kürzen. "Sieht so Ihre Politik für die kleinen Leute aus?", fragte sie in Richtung der Fraktionen. Sie kritisierte außerdem, dass für den sozialen Arbeitsmarkt nicht vier Milliarden, wie immer behauptet, sondern nur 3,2 Milliarden Euro bis 2021 eingeplant seien.

Die Zahlen Insgesamt 139,18 Milliarden Euro (2017: 137,58 Milliarden Euro) umfasst der Etat (19/1700; 19/1701; 19/2425) des Ministeriums von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Das sind "nur" 1,6 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Zum Vergleich: Der Sprung vom Haushalt 2016 auf 2017 lag bei satten 8,7 Milliarden Euro.

Der größte Posten bleibt dabei, wie eh und je, die Rente. Auf mittlerweile 94,02 Milliarden Euro (2017: 91,02 Milliarden Euro) beziffern sich die Leistungen an die Rentenversicherung, ein deutlicher Anstieg um drei Milliarden Euro im Vergleich zu 2017. Bei diesen Leistungen bilden die Zuschüsse des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung mit 35,04 Milliarden Euro (2017: 34,4 Milliarden Euro) den größten Ausgabenposten. Für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gibt der Bund in diesem Jahr 5,9 Milliarden Euro und damit 1,2 Milliarden Euro weniger aus als 2017 (7,13 Milliarden Euro).

Für arbeitsmarktpolitische Leistungen und Programme stellt der Bund, zusätzlich zu den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit, 37,04 Milliarden Euro (2017: 37,28 Milliarden Euro) bereit, was nur eine unwesentliche Änderung gegenüber 2017 bedeutet. Die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit schlagen mit neun Milliarden Euro zu Buche. Fast die gesamten Mittel dieses Bereiches werden aber für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgegeben: 36,45 Milliarden Euro (2017: 36,4 Milliarden Euro). Davon entfallen 20,4 Milliarden Euro (2017: 21 Milliarden Euro) auf das Arbeitslosengeld II, weitere 6,9 Milliarden Euro (2017: 6,5 Milliarden Euro) auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung.