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EDITORIAL : Lärmend in die Ferien

09.07.2018
2023-08-30T12:34:31.7200Z
2 Min

Die politische Schadensbilanz nach der vergangenen Woche: ein irritierender Bundesinnenminister, eine angeschlagene Kanzlerin, eine instabile Unionsfraktion, eine verunsicherte Regierungskoalition. Und, wohl der nachhaltigste Effekt, ein in weiten Teilen ratloses Wahlvolk.

Nein, der von Horst Seehofer losgetretene Streit zwischen seiner CSU und der CDU um Angela Merkel wird nicht als bayerischer Komödienstadl, sondern als Berliner Trauerspiel wahrgenommen. Einzig die Vertreter der Partei ganz rechts vor der Bühne lehnen sich im Theatersessel zurück und spenden hämisch Beifall. Das übrige Publikum wendet sich kopfschüttelnd ab.

Bemerkenswert auch der Versuch einer Schadensbegrenzung. Nur wenige Tage nach seiner Rücktrittsdrohung ordnet Seehofer diesen misslungenen Schachzug als belanglose Fußnote der Geschichte ein. Und der für die Versöhnung der zänkischen Schwesterparteien präsentierte Kompromiss in der Asylfrage wirkt so überzeugend wie die Kontrollen an einigen Schengen-Außengrenzen. Ganz unabhängig von parteipolitischer Präferenz: Souveräne, geradlinige Politik, die von den Menschen im Land goutiert wird, geht anders.

Dabei war abseits der Regierungskrise gerade die vergangene Woche ein Ausweis effektiver parlamentarischer Arbeit. Auf eine zähe und ungewöhnlich späte Regierungsbildung folgten im Bundestag schnell ebenso zahlreiche wie arbeitsintensive Gremiensitzungen mit dem Ziel, möglichst bald einen Haushaltsplan für das laufende Jahr vorlegen zu können. Das ist nun, knapp aber rechtzeitig, vor der Sommerpause gelungen.

Bleibt zu hoffen, dass die Ferien dazu beitragen, die Stimmung in der Regierung zu entspannen. Schon jetzt werden Befürchtungen laut, der spätsommerliche Wahlkampf für den bayerischen Landtag könnte die Bundespolitik abermals mehr bestimmen, als ihr guttäte.

Wenigstens das ließe sich als Lehre aus den Ereignissen der vergangenen Wochen ziehen: Eine Koalitionsregierung darf untereinander über Sachfragen streiten, wenn es nötig ist. Wer aber bewusst Sollbruchstellen in einer Partnerschaft installiert, wer Konflikte um der Konflikte willen provoziert und Auseinandersetzungen taktisch einsetzt, riskiert ein Gut, das Wähler mehr als alles andere schätzen: politische Stabilität.