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Ortstermin: Beim IT-Bataillon in Storkow : Politische Bildung in der Bundeswehr: Auf die Diskussion kommt es an

Wie Soldaten Politische Bildung erleben und warum sie so wichtig ist. Ein Blick hinter die Kulissen des Unterrichts in der Kurmark-Kaserne in Storkow.

20.08.2018
2023-09-22T21:35:37.7200Z
3 Min

Sterile Farben, wenig einladende Stühle, zugezogene dunkle Vorhänge, unter der Decke surrt ein Beamer. Hier im Lehrsaal der Kompanie, in der Kurmark-Kaserne am IT-Stützpunkt im brandenburgischen Storkow, findet normalerweise der Unterricht "Politische Bildung" von Major Bodo Erler statt. Heute ist das anders: Fregattenkapitän Thorsten Jacks ist mit dem mobilen Projekt "Legitimation von Einsätzen", dem zentralen Projekt der politischen Bildung des Zentrums Innere Führung, zu Gast. "WRIML" schreibt Jacks auf ein Flipchart. 'Wofür riskieren Sie im Einsatz Ihr Leben?', bedeutet das. "Auf diese Frage muss jeder Soldat früher oder später eine Antwort für sich finden", sagt er. Darum wird es in dem Tagesseminar gehen.

Spielerische Vermittlung politischer Inhalte

Die IT-Spezialisten und Kommunikationstechniker aus dem Bataillon sitzen in Sechsergruppen zusammen. Alle haben Tablets in der Hand. "Welche der Antwortmöglichkeiten fällt nicht unter den erweiterten Sicherheitsbegriff?" poppt als Frage auf dem Bildschirm auf. Die Diskussionen beginnen: Vier Optionen stehen zur Auswahl bis ein Countdown erklingt und die Antwort eingeloggt werden muss. Nicht alle wissen die richtige und so dröselt Jacks den sicherheitspolitischen Begriff auf. "Innere und äußere Sicherheit sind nicht mehr trennscharf voneinander abzugrenzen", erklärt er. Über das Grundgesetz, die nationalen, supranationalen und internationalen Institutionen arbeitet er sich vor zum Begriff der vernetzen Sicherheit: "Alle arbeiten zusammen. Das werden Sie im Auslandseinsatz sehen", sagt er.

Seit zehn Jahren reist Jacks durch die Bundesrepublik, um Soldaten politische Inhalte spielerisch zu vermitteln. "Jede Gruppe ist anders, man muss immer wieder schauen, dass alle mitgenommen werden", sagt er. Jacks wünscht sich noch mehr Gelegenheiten für politische Bildung: "Jeder Soldat sollte lernen, andere Sichtweisen zu verstehen und sich selbst eine Meinung zu bilden."

Politische Bildung ist eine der vielen Aufgaben eines Kompaniechefs

Das versucht Major Erler in seinem wöchentlichen Unterricht. Er bricht politische Inhalte runter auf die Lebenswelt der Soldaten, um sie zu befähigen, selbst kritisch zu denken. "In der Offiziersschule bekommen wir das Handwerkszeug für den Unterricht beigebracht. Aber ich erwarte auch von mir selbst, dass ich aktuelle Geschehnisse und Prozesse erklären kann", sagt Erler, der Politikwissenschaften bei der Bundeswehr studiert hat. Das koste aber auch Zeit und Energie, denn die politische Bildung sei nur eine seiner Aufgaben als Kompaniechef. In seiner Kompanie geht es um weltweite Übertragungen, Netzwerktechnik und die Servicebereitstellung in Einsätzen. "Es gibt einige Themen, die hier auf verstärkte Resonanz stoßen", sagt er. Wenn es Cyberattacken gibt, etwa ein Code für ein Virenprogramm geknackt wurde oder es um Wahlkampfmanipulationen durch Technik geht: "Da entstehen im Unterricht kontroverse Diskussionen über moralische Grenzen." Damit es nicht beim Frontalunterricht bleibt, vergibt er auch Impulsvorträge. Der entscheidende Teil seines Unterrichts sei aber für die Diskussion reserviert: "Als Vorgesetzter ist man da oft herausgefordert sowohl objektiver Moderator zu sein als auch mal Widerstand zu provozieren", sagt er.

Politische Bildung findet von der Grundausbildung an statt. Jährlich festgelegte Rahmenthemen geben zudem Orientierung für den Unterricht. "Für mich gehören aber auch kleine Dinge dazu: Zum Beispiel, dass im Kaffeeraum im Fernsehen die Nachrichten laufen", erzählt Erler. "Es freut mich jedes Mal, wenn ich höre, dass das Geschehen auf der Welt auch in der Pause zum Thema wird." Die politische Bildung hänge aber auch vom Engagement des Vorgesetzten ab. Für Ende des Jahres hat er deshalb etwas Besonderes geplant: Eine Exkursion nach Verdun. Dort will er über die Schlachtfelder gehen und die erste gemeinsame Gedenkstätte besuchen. "Ich möchte auch den Jüngsten Geschichte und das Friedensprojekt EU begreifbarer machen", sagt er.