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Umwelt : Teufelskreislauf statt Kreislaufwirtschaft

Eine verbindliche Quote soll den Markt für Kunststoffrezyklate ankurbeln

15.04.2019
2023-08-30T12:36:20.7200Z
3 Min

Mit verbindlichen Quoten für den Einsatz von Rezyklaten könnte der Markt für aufbereitete Kunststoffabfälle angekurbelt werden - denn aktuell fehlt die Nachfrage. Darauf haben vergangene Woche Sachverständige bei einem öffentlichen Fachgespräch im Umweltausschuss hingewiesen. Neben Quoten tauschten sich die Sachverständigen mit den Abgeordneten zudem über recyclinggerechtes Design ("Design for Recycling") und eine Bepfandung bestimmter Hartplastikverpackungen aus.

Aktuell beträgt der Rezyklatanteil an der verarbeiteten Kunststoffmenge in Deutschland 12,3 Prozent. Diese Rezyklate stammten aber zu 60 Prozent aus qualitativ meist hochwertigen und sortenreinen Abfällen, die bei Herstellung und Verarbeitung anfielen, führte Eric Rehbock (bvse - Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung) aus. Wie auch andere Sachverständige betonte Rehbock die Bedeutung des "Design for Recycling". Insbesondere mehrlagige Folien stellten aktuell ein Problem dar, diese seien "nicht auseinanderzukriegen". Würde man die Anforderungen an die Haltbarkeit reduzieren, könnte recyclingfähigeres Material eingesetzt werden. Man müsse dahinkommen, dass sich künftig Kunststoffprodukt-Produzenten dafür rechtfertigen sollten, wenn sie keine Rezyklate einsetzen. Dabei seien auch Politik und öffentliche Hand in der Pflicht.

Auch Isabell Schmidt (IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen) verwies auf den Zusammenhang von Anforderungen und Materialeinsatz. Schmidt betonte, dass die von ihrem Verband repräsentierten Verpackungshersteller die politisch angestrebte Schließung der Stoffkreisläufe begrüßten. Die Branche habe sich das Ziel gesetzt, bis 2025 90 Prozent recycling- oder mehrwegfähige Verpackungen auf den Markt zu bringen, aktuell liege die Quote bei 75 Prozent. Zudem wolle die Branche bis dahin eine Million Tonnen Recycling-Kunststoffe oder nachwachsende Rohstoffe einsetzen, der Ist-Stand 2017 liege bei 400.000 Tonnen.

Der Einsatz von Rezyklaten werde aber aktuell durch die fehlende Eignung für den Lebensmittelkontakt, Qualitätseinschränkungen wie etwa Graufärbungen und mangelnde Liefersicherheit gehemmt. Zudem bestünden marktseitig Hemmnisse in der mangelnden Vermarktungsfähigkeit, fehlenden Qualitätsstandards sowie einer teils geringen Preistoleranz, sagte Schmidt.

Quote gefordert Michael Wiener (DSD - Duales System Holding GmbH & Co. KG) verwies darauf, dass für Rezyklat-Hersteller vor allem die mangelnde Nachfrage ein großes Problem sei. Das verhindere Investitionen und technologische Weiterentwicklung. Zudem seien Rezyklate meist um 25 Prozent teurer als neue Kunststoffe, weil externe Kosten in letztere nicht eingepreist würden. Dies führe zu einem "Teufelskreislauf", der die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe verhindere. Wiener forderte eine verbindliche dynamische Quote für den Einsatz von Rezyklaten. Demnach sollte für 2020 eine Rezyklateinsatz-Quote für Verpackungen und Produkte von 20 Prozent angesetzt werden, die bis 2025 auf 40 Prozent steigen sollte. Eine solche Quote würde den Markt "deutlich und verlässlich ankurbeln".

Mehr Abfall nutzen Henning Wilts (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie) betonte ebenfalls, dass eine Rezyklatquote Anreize für Investitionen und Forschung liefern und zudem für eine verlässliche Nachfrage sorgen könne. Generell werde in Deutschland Abfall noch zu wenig genutzt In der Kreislaufwirtschaft werde zu sehr auf die Optimierung der Einzelschritte fokussiert und zu wenig auf Kooperation. Einzelne Instrumente würden nicht ausreichen, um den Einsatz von Rezyklaten zu erhöhen. Es brauche ein über das Abfallrecht hinausgehenden Instrumentenmix. Wilts mahnte zudem eine "Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft" an, etwa durch auf der Blockchain-Technologie basierende Pfandsysteme.

Offen zeigte sich Wilts dabei für eine Pfandregelung für bestimmte Kunststoffverpackungen, wie es für PET-Flaschen schon üblich ist. Die Einführung des Pfandsystems für PET-Flaschen habe zu einer Standardisierung geführt und den Kreislauf geschlossen, führte Wilts aus.

Skeptisch zeigte sich IK-Vertreterin Schmidt gegenüber dieser Idee. Bei den PET-Flaschen sei das Pfandsystem erfolgreich, für die restlichen Bereiche sei man mit den dualen Systemen gut bedient, entgegnete Schmidt. scr