Piwik Webtracking Image

Parlamentarisches Profil : Der EU-Skeptiker: Harald Weyel

29.04.2019
2023-08-30T12:36:20.7200Z
3 Min

M it Europafragen hat sich Harald Weyel schon lange beschäftigt. Der Obmann und Sprecher der AfD-Fraktion im Europaausschuss schrieb seine Diplomarbeit in Ökonomie 1987 über Spaniens Beitritt zur damaligen Europäischen Gemeinschaft. Später, als Betriebswirtschafts-Professor an der FH Köln, waren Außenwirtschafts- und damit Europafragen für Weyel ein Kerngebiet. Aus dieser Zeit rührt auch, angeregt durch die Kritik von Ökonomen wie Hans-Werner Sinn oder Wilhelm Hankel, seine Skepsis zur Gemeinschaftswährung Euro. "Man kann solch unterschiedliche Volkswirtschaften wie Deutschland, die Niederlande, Italien oder Griechenland nicht in ein Währungskorsett pressen. Das muss schiefgehen."

So ging Weyel in die Politik und trat 2009 in Nordrhein-Westfalen nach dem fulminanten Landtagseinzug in Bayern im Jahr zuvor den Freien Wählern bei, die er mit anderen auf EU- und eurokritischen Kurs bringen wollte. Das scheiterte und er kam dann vor der Bundestagswahl 2013 zur Wahlalternative, aus der die AfD wurde. So wie er den Euro, der nur durch Verletzungen der Maastricht-Verträge und eine ruinöse Null-Zins-Politik über Wasser gehalten werde, für einen Fehlschlag hält, ist für Harald Weyel auch die Europäische Union in ihrer Existenz gefährdet, "wenn sie nicht Substanzreformen durchführt". Dazu gehört für ihn ein Ende der Gemeinsamen Agrarpolitik mit ihren riesigen Agrarsubventionen. "Das halte ich für einen Anachronismus und sollte besser in nationale Verantwortung zurückgegeben werden. Ein Außenzollregime auf europäischer Ebene reicht für diesen Bereich." Auch Sonderfonds wie der EU-Kohäsionsfonds mit dem Ziel einer Konvergenz der Wirtschaftskraft gehören für Weyel dringend reformiert bzw. abgeschafft. "Ich kann nicht überall unabhängig von der Kaufkraft gleichartige Lebensverhältnisse schaffen. Das ist wirklichkeitsfremde Utopie."

Abschaffen will Weyel auch das seit 1979 gewählte, inzwischen 751-köpfige EU-Parlament: "Es ist ein Pseudoparlament, weil es den Bürgern vorspiegelt, ihre Interessen zu vertreten und verantwortliche Politik zu machen. In Wirklichkeit wird Politik anderswo gemacht, beim Europäischen Rat oder in der Europäischen Kommission." Ehrlicher findet der 59-Jährige die Rückkehr zu einer parlamentarischen Versammlung von maximal 100 Delegierten, die von den nationalen Parlamenten delegiert werden und "demokratisch besser legitimiert sind".

Ist trotz aller Kritik an EU-Bürokratie und Berliner Nettozahlerrolle die EU nicht auch ein Friedenswerk nach zwei Weltkriegen? "Damit gibt man der EU ein falsches Verdienst", sagt Weyel. "Der Frieden in Europa ist vor allem ein Werk der Nato und der nuklearen Abschreckung." Im übrigen hätten Staaten wie Frankreich oder Großbritannien trotz EU immer robust ihre auch militärischen Interessen auf der Welt durchgesetzt. Auch die Globalisierung spricht laut Weyel nicht für die EU. Nur wenn es mit einer Stimme spreche, könnten Europas Interessen gegen Schwergewichte wie die USA oder China durchgesetzt werden, wird argumentiert. "Das ist für mich nicht schlüssig. Kleine Länder wie Norwegen oder die Schweiz können sehr wohl zu ihrem Vorteil Verträge zum Beispiel mit den USA abschließen", sagt der Abgeordnete.

Die AfD geht in Deutschland als einzige EU- und Euro-kritische Kraft in den Europawahlkampf und plädiert sogar für einen "Dexit", einen EU-Austritt, falls Reformen scheitern. Nach Umfragen sind die Deutschen allerdings europafreundlich wie sonst kaum ein anderes Volk. Ein Manko für die AfD? Harald Weyel spricht hier von "psychologischen Elementen". "EU und Nato sind für Deutschland eine Art Ersatzidentität geworden unter Verzicht auf eigene Außenpolitik. Gleichwohl gilt: Freunde Europas sind die, die auf Substanzreformen in der EU drängen. Sie muss auf ein überschaubares Maß zurückgeführt werden."

Harald Weyel kommt aus kleinen Verhältnissen und musste sich im Leben vieles erkämpfen. Geboren wurde er im hessischen Herborn als Sohn eines schwarzen US-Soldaten und einer Köchin aus dem Westerwald. Nach angefangener Mechanikerlehre machte er das Abitur und studierte in Berlin, Marburg und Oldenburg Geografie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Romanistik. Nach dem Diplom arbeitete Weyel im Öffentlichen Dienst, so bei der IHK Arnsberg. Später, nach der Promotion, war er Wirtschafts- und Finanzberater. Dann wurde er FH-Professor. Weyel wohnt in Bergisch Gladbach. In seiner Freizeit erfreut er sich am Radfahren und an Waldspaziergängen.