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AsyLbewerber : Der Wert des Existenzminimums

Deutliche Kritik an der Neuberechnung der Bedarfsstufen

20.05.2019
2023-08-30T12:36:22.7200Z
3 Min

Kerstin Griese (SPD) hatte am vergangenen Donnerstag gleich zwei Auftritte zu nächtlicher Stunde. Nachdem der Bundestag zunächst das Gesetz zur Ausbildungsförderung von Ausländern (Text rechts) diskutierte, trat sie noch einmal ans Rednerpult. Diesmal ging es um Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), die die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu vereidigen hatte. "Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit des Hauses das will, Engagement bei der Integration."

Ziele des Gesetzes Der Gesetzentwurf (19/10052) soll zweierlei bewirken: Zum einen soll der Lebensunterhalt von Asylbewerbern, Geduldeten und Menschen mit Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung absolvieren, besser abgesichert werden. Zum anderem werden die Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes neu berechnet.

Bisher werden nach Ablauf der Aufenthaltsdauer von 15 Monaten die Leistungssätze im AsylbLG so berechnet wie in der Sozialhilfe (SGB XII). Wer sich in einer Ausbildung befindet oder ein Studium absolviert und auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, muss anstelle von Sozialhilfe eine Ausbildungsförderung (BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe) beantragen. Diese steht allerdings vielen Flüchtlingen nicht offen - sie fallen in eine "Förderlücke". Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung diese Situation beenden, indem der Leistungsausschluss nach Paragraf 22 SGB XII bei Asylbewerbern, Geduldeten und Menschen mit bestimmter Aufenthaltserlaubnis, die sich in einer förderfähigen Ausbildung befinden, nicht mehr angewendet wird.

Im Rahmen der Anpassung der Bedarfssätze wird eine neue, um zehn Prozent abgesenkte Bedarfsstufe für die Unterbringung in Sammelunterkünften eingeführt. Auch wird eine neue, um 20 Prozent gesenkte Bedarfsstufe für unter 25 Jährige eingeführt, die im Haushalt der Eltern leben. Zwar wird beispielsweise das Taschengeld für eine alleinstehende Person erhöht, gleichzeitig sinkt aber der Gesamtbetrag dieser ersten Bedarfsstufe um zehn Euro von 354 Euro auf 344 Euro pro Monat und liegt damit deutlich unter den Regelsätzen im SGB II.

»Eine Frage der Würde« Vor allem diese Änderungen bei den Bedarfsstufen sorgten bei Grünen, Linken und FDP für Kritik. Ulla Jelpke (Die Linke) kritisierte, dass die Neuerungen Flüchtlinge unter das soziokulturelle Existenzminimum drängten und sie durch das Sachleistungsprinzip entmündigten. "Das ist das absolute Gegenteil von Integration", sagte sie. Auch Sicht von Sven Lehmann (Grüne)mache sich die Regierung mit diesem Gesetz erneut auf den Weg, den Grundsatz der Würde für alle in Frage zu stellen. Pascal Kober (FDP) nannte es nicht nachvollziehbar, dass ein Flüchtling, der in einer Sammelunterkunft lebt, künftig der Bedarfsstufe 2 zugeordnet werden soll. Diese Stufe werde eigentlich nur angewendet, wenn zwei Menschen den Willen haben, Verantwortung füreinander zu tragen. Dies sei bei fremden Menschen in einer Unterkunft mehr als fraglich, sagte er. Offenbar herrscht bei diesem Thema auch innerhalb der Koalition keine Einigkeit. Denn auch Daniela Kolbe (SPD), kritisierte die Absenkung der Bedarfsstufe für Menschen in Sammelunterkünften. Die Annahme von Synergieeffekten sei "an den Haaren herbeigezogen", sagte sie.

Grundsätzliche Kritik kam von der AfD, die fragte, warum das Asylsystem für die Integration von abgelehnten Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt zuständig sein solle. "Diese Vermengung von Asylpolitik und Arbeitsmigration lehnen wir ab", sagte René Springer (AfD).

Thomas Heilmann (CDU) verteidigte dagegen den Entwurf: "Unsere Welt wird wieder ein Stück gerechter", sagte er und betonte, die Regierung setze damit Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes um und beseitige unlogische Einzelheiten.