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unternehmenspolitik : Ein eigenes Betriebssystem als erhoffter Befreiungsschlag

Chinas größter Technologie-Konzern Huawei arbeitet an einer eigenen Softwarelösung. Beobachter sehen einen Erfolg skeptisch

12.08.2019
2023-08-30T12:36:26.7200Z
3 Min

Der Name kommt der kommunistischen Führung in Peking sehr gelegen. "Hong Meng" soll das neue Betriebssystem von Huawei heißen, auf chinesisch klingt das übersetzt wie "der rote Traum". Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte kurz nach Amtsantritt den "chinesischen Traum" beschworen. Und was die Entwicklung eines eigenen Betriebssystems betrifft, könnte dieser Traum nun schneller in Erfüllung gehen als vor Kurzem noch erwartet - dank US-Präsident Donald Trump.

Mit Hong Meng OS will der chinesische Technologie-Riese und Smartphone-Hersteller Huawei noch in den nächsten Monaten ein eigenes Betriebssystem auf den Markt bringen. Auf einer Pressekonferenz im Juni kündigte Huawei-Spitzenmanager Yu Chengdong an, dass das neue Betriebssystem Android-Apps neu kompilieren und dadurch bis zu 60 Prozent schneller sein werde. Schon im Herbst soll die Software für die ersten Kunden einsatzbereit sei. In Europa soll Hong Meng unter der Bezeichnung Harmony OS auf die Huawei-Smartphones installiert werde.

Pläne für ein eigenes Betriebssystem hegt Chinas größter Technologie-Konzern schon seit einer Weile. Mehr als 80.000 Ingenieure und Software-Entwickler arbeiten für das Unternehmen, umgerechnet rund 13 Milliarden Euro gibt Huawei jährlich für Forschung und Entwicklung aus. Doch außerhalb Chinas sind die meisten Nutzer Android gewohnt, also stattete auch Huawei seine Geräte bislang mit der Google-Software aus. Doch nun ist Eile geboten.

Mitte Mai weitete Trump im Handelsstreit mit China seine Attacke auf Huawei aus. Der US-Präsident bezichtigt den chinesischen Konzern der Spionage. Huawei ist nicht nur ein großer Smartphone-Hersteller, sondern auch Weltmarktführer beim Aufbau von Netzwerken. Trump ließ Huawei auf eine schwarze Liste setzen und untersagte den amerikanischen Netzbetreibern, Ausrüstung von dem chinesischen Ausstatter zu kaufen - das sei zu unsicher. Beweise für diese Vorwürfe ist Washington bis heute schuldig geblieben. Trotzdem forderte Trump auch die Europäer auf, auf Technik der Chinesen zu verzichten. Das allerdings bringt nicht zuletzt die deutschen Netzbetreiber massiv in Bedrängnis, liegen sie mit dem 5G-Ausbau ohnehin schon weit hinter ihrem Zeitplan. Die Bundesregierung ist der Aufforderung der USA bislang nicht gefolgt.

Für Huawei zeigte Trumps Dekret dennoch Wirkung. Google erwägt, Huawei das Handy-Betriebssystem Android und andere Google-Dienste nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Damit ginge für Huawei-Nutzer auch der Zugriff auf Googles Play Store verloren. Die Entwicklung eines eigenen Betriebssystems ist für Huawei die Flucht nach vorn.

In China sind die meisten Google-Dienste wegen der chinesischen Zensur ohnehin gesperrt. Auch Anwendungen wie der Playstore von Google, die Maps, aber auch WhatsApp, Youtube und Snapchat kennen die meisten Chinesen nicht. Sie haben ihre eigenen Anwendungen. Doch wird Huawei die Etablierung eines eigenen Betriebs auch weltweit gelingen?

Der Trump-Schock könnte diese Entwicklung beschleunigen, glauben Analysten und bezeichnen Trumps Exportbeschränkungen gegen China als Eigentor. "Je mehr Vertrauen die USA verlieren, desto mehr würden sich Handelspartner weltweit nach Alternativen umsehen", wird Zhao Minyuan, Ökonom an der Universität Pennsylvania, bei Bloomberg zitiert. Zum Teil passiert das auch schon. In Europa und Nordamerika ist Huaweis Verkauf von Smartphones zwar eingebrochen. Im Rest der Welt boomt das Geschäft weiter.

Dan Wang vom unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstitut Gavekal ist dennoch skeptisch. Ohne Zugang zu US-Technologien werde Huawei nicht lange überleben, da das Smartphone- und das Netzwerkgeschäft US-Komponenten benötigten, die nicht einfach ausgetauscht werden könnten. So setze Huawei für sein Netzwerkausrüstungsgeschäft Speziallaser von US-Firmen ein - zumal auch Firmen aus anderen Ländern auf Druck der USA ihre Zusammenarbeit mit China nun infrage stellen. Huawei drohe der Iran-Effekt. Für Europa dürfte Trumps Huawei-Bann zur Folge haben, dass sich der 5G-Netzausbau erheblich verzögern wird. Besonders die Deutsche Telekom setzt weiter auf Huawei und war bislang wenig um Alternativen bemüht. Das könnte sich rächen.