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Recht : So viel Leid

SED-Opfer werden besser entschädigt

28.10.2019
2023-08-30T12:36:29.7200Z
3 Min

Opfer politischer Verfolgung in der DDR sollen besser entschädigt werden. Das beschloss der Bundestag in der vergangenen Woche mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP. Die AfD votierte dagegen, Linke und Grüne enthielten sich. In der Debatte verwiesen alle Redner auf den bevorstehenden 30. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November und die Notwendigkeit, dieses Jubiläum nicht nur zu feiern. Auch diejenigen müssten gewürdigt werden, die damals gegen das SED-System gekämpft hätten und dabei zu Schaden gekommen seien oder unter der Willkür der DDR-Behörden gelitten hätten.

Die Novelle (19/14427) mit dem Titel "Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes" wurde in den Beratungen des Ausschusses noch ergänzt. Redner der Koalitionsfraktionen sprachen von einem guten Gesetz, dessen ursprünglicher Entwurf nach Hinweisen aus einer Anhörung im Rechtsausschuss und nach Änderungsvorschlägen des Bundesrates überarbeitet worden sei, um Lücken zu schließen. Diese sind aus Sicht der Oppositionsfraktionen aber durchaus noch vorhanden.

Opferrenten Für die Koalition fassten Karl-Heinz Brunner (SPD) und Patrick Sensburg (CDU) die Neuerungen zusammen. Abgesehen von der ohnehin vorgesehenen Entfristung der Entschädigungsleistungen sei in guten Verhandlungen viel erreicht worden. So sei man dem Wunsch des Bundesrats nach einem Zweitantragsrecht bei schon einmal abgelehnten Anträgen entgegengekommen.

Opferrenten werden von 300 auf 330 Euro erhöht und nach fünf Jahren überprüft. Opfer von Zersetzungsmaßnahmen des Regimes erhalten eine Entschädigung von 1.500 Euro. Die Regel, dass man 180 Tage in Haft gewesen sein musste, um eine Entschädigung zu bekommen, wurde auf 90 Tage reduziert. Neu aufgenommen wurden politisch motivierte Adoptionen, die Unterbringung in Heimen sowie Zwangsumsiedlungen. Brunner sagte, dieses Land erinnere sich nicht nur an das Leid, das den Menschen in der DDR zugefügt wurde, sondern sei auch in der Lage, dieses Leid anzuerkennen. Sensburg fügte hinzu, die Aufarbeitung des SED-Unrechts sei auch in Zukunft gewollt.

Gerechtigkeit Jürgen Martens (FDP) betonte, politisches Unrecht lasse sich nicht wieder gutmachen. Deshalb müssten diejenigen, die unter politischer Repression im SED-Staat gelitten hätten, Anerkennungsleistungen erhalten. Das sollte eigentlich ein Anliegen des ganzen Hauses sein, ohne kleinliches Aufrechnen, ohne etwaige Schlussstrichdiskussionen, sondern im Bestreben, wenn möglich doch noch ein wenig Gerechtigkeit zu schaffen.

Neben der Entfristung, die positiv sei, habe es am Entwurf viele Kritikpunkte gegeben, denen dankenswerterweise Rechnung getragen worden sei, sagte Martens. Er hätte sich jedoch ein deutlicheres Zweitantragsrecht gewünscht, und auch Zwangsumgesiedelte und andere Geschädigte würden noch nicht ausreichend anerkannt.

Zwangsumsiedlung Für die Linke begründete Friedrich Straetmanns die Enthaltung seiner Fraktion. Die Linke stehe dem Gesetzesvorhaben grundsätzlich positiv gegenüber, sehe aber noch viele Leerstellen. Straetmanns verwies wie andere Redner der Opposition auf das Schicksal der Zwangsumgesiedelten an der damaligen innerdeutschen Grenze, das weder politisch noch historisch ausreichend aufgearbeitet und gewürdigt worden sei. Er erkannte an, dass der Entwurf nachgebessert wurde. Es fehlten aber immer noch Lösungen für weitere Opfergruppen wie Doping- und Hepatitis-C-Opfer.

Auch Monika Lazar (Grüne) ging auf die Gründe für die Enthaltung ihrer Fraktion bei der Abstimmung ein. Sie schloss sich ihrem Vorredner Straetmanns an. Das Gesetz sei lückenhaft und müsse nachgebessert werden. Nach der Anhörung habe die Koalition zum Glück noch viele sinnvolle Änderungen eingearbeitet, und auch von den Grünen werde anerkannt, dass es in die richtige Richtung gehe. Ihre weitergehenden Anträge seien aber nicht berücksichtigt worden.

Detlev Spangenberg (AfD) kritisierte, der Entwurf unterscheide zwischen Opfern erster und zweiter Klasse. Einiges sei im Regierungsentwurf positiv zu bewerten, wie die Rehabilitierung der Kinder, die aufgrund der Verhaftung ihrer Eltern in Heime kamen, sowie die Entfristung der Antragsmöglichkeit. Bei der finanziellen Entschädigung dürfe es jedoch keine Unterscheidung geben. Mit dem von der AfD in einem Antrag (19/14348) geforderten Gedenktag für die Opfer der politischen Verfolgung während der SED-Diktatur wolle seine Fraktion eine größere Würdigung der Opfer der DDR-Willkür erreichen.

Mit der Novelle werden das strafrechtliche, berufliche und verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz, bei denen eine Antragstellung nur noch bis Ende dieses Jahres möglich war, entfristet. Die Rehabilitierung von in Heimen untergebrachten Kindern und Jugendlichen wird vereinfacht. Weitergehende Änderungsanträge der Opposition wurden abgelehnt.