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CoronaKrise : Bundesbank soll Anleiheprogramm beenden

Scharfe Kritik der übrigen Fraktionen an AfD-Antrag zu PEPP: »Aufruf zum Verfassungsbruch«

02.06.2020
2023-08-30T12:38:18.7200Z
2 Min

Die AfD-Fraktion sieht das laufende Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) in Reaktion auf die Coronakrise als "offensichtlich rechtswidrig, mandatsüberschreitend und unvereinbar mit den europäischen Verträgen" an. Nach dem Willen der Fraktion soll der Bundestag daher die Bundesbank dazu auffordern, ab sofort keine weiteren Anleihen im Rahmen des "Pandemic Emergency Purchase Programme" (PEPP) zu kaufen und bereits erworbene Titel schrittweise zu veräußern.

Mit dieser in einen Antrag gekleideten Forderung (19/19516) stieß die Fraktion vergangenen Donnerstag auf Ablehnung der übrigen Fraktionen. Sie warfen der AfD vor, mit ihrem Antrag den Bundestag zum Verfassungsbruch aufzufordern, schütze das Grundgesetz doch die Unabhängigkeit der Bundesbank. "Es gibt kein Weisungsrecht - von niemandem übrigens - gegenüber der Bundesbank", kritisierte etwa Eckhardt Rehberg (CDU) die an den Haushaltsausschuss überwiesene AfD-Vorlage.

Peter Boehringer hatte diese Kritik offenbar erwartet und eingangs zugestanden, dass es "ungewöhnlich" sei, die Bundesbank zum Adressaten eines Antrages zu machen. Die im Antrag formulierte Aufforderung an die Bundesbank, aus PEPP auszusteigen, sei auch nicht als "explizite Weisung" zu verstehen, schränkte er ein.

Allerdings müsse der Bundestag in dieser Sache tätig werden, meint die AfD-Fraktion und begründet dies mit dem EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 859/15) von Anfang Mai. Eine Interpretation, die für die Sozialdemokraten Sonja Steffen zurückwies: Die Karlsruher Richter hätten explizit darauf hingewiesen, dass sich das Urteil nicht auf aktuelle HIlfsmaßnahmen der EZB beziehe. Das unterstrich auch Florian Toncar für die FDP-Fraktion.

Integrationsverantwortung Die Karlsruher Richter hatten gerügt, dass die EZB bei einem anderen Anleihekaufprogramm, dem 2015 angelaufenen "Public Sector Purchase Programme" (PSPP), kompetenzwidrig gehandelt und der Europäische Gerichtshof bei der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit versagt habe. Bundesregierung und Bundestag stehen demnach aufgrund ihrer Integrationsverantwortung in der Pflicht, "der bisherigen Handhabung des PSPP entgegenzutreten". Das Urteil hatte für erhebliche Diskussionen gesorgt. Auch bei einer Anhörung vergangene Woche im Europaausschuss kritisierten Rechtswissenschaftler den Urteilsspruch scharf.

Wie der Bundestag das Urteil umsetzen wird, ist noch unklar. Rehberg verwies auf laufende Gespräche, für die Grünen mahnte Lisa Paus, der Bundestag müsse dabei "deeskalierend zwischen nationaler Ebene und europäischer Ebene" wirken. Ähnlich äußerte sich Steffen. Für die Linksfraktion beschied Gesine Lötzsch, dass - "bei allem Respekt" vor dem Gericht - das Urteil den Gegnern eines sozialen Europas in die Hände spiele. Sören Christian Reimer