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Ortstermin: Ausstellungsprojekt Großes B -… : Wenn aus Landgemeinden eine Großstadt wird

24.08.2020
2023-08-30T12:38:21.7200Z
2 Min

Von großstädtischem Treiben keine Spur. Als im Jahr 1920 die preußische Landesversammlung mit knapper Mehrheit Groß-Berlin schuf und Reinickendorf - bestehend aus mehreren Landgemeinden wie Tegel, Lübars und Hermsdorf sowie einigen Gutsbezirken wie Frohnau und Tegel-Schloss - zum 20. Bezirk machte, war dieser noch überwiegend ländlich geprägt. Lediglich das Dorf Reinickendorf - durch seine Angrenzung an den schon zu Berlin gehörenden Wedding - und Tegel - durch die Industrieanlagen der Borsig-Werke - zeigten schon Spuren der stetig wachsenden Industrialisierung, die mit einem deutlichen Bevölkerungswachstum einherging.

Heute zählt der fünftgrößte Berliner Stadtbezirk mehr als 260.000 Einwohner (1920: 92.299). Wälder und Seen prägen die Gegend, in der es noch immer mehrere Dorf-Auen und imposante Villengegenden gibt. Der totale Gegensatz dazu ist das in den 1960er Jahren erbaute Märkische Viertel - das Marzahn Westberlins.

Die Vielschichtigkeit Reinickendorfs thematisiert die zum Kooperationsprojekt "Großes B - dreizehnmal Stadt" gehörende Ausstellung "Mitte(n) in Reinickendorf". Kuratorin der Ausstellung ist die Berliner Architektin und Stadtplanerin Christiane Borgelt. Sie glaubt, dass auch ohne die damalige Entscheidung der preußischen Landesversammlung für die Eingemeindung die Entwicklung wahrscheinlich ähnlich verlaufen wäre. "Es hätten sich mehrere Gemeinden zusammengetan, wie es schon vorher praktiziert wurde, um Einrichtungen der Daseinsvorsorge, wie etwa das Verbands-Krankenhaus Reinickendorf, zu bauen", sagt sie.

Nicht alle Gemeinden waren damals von der Idee einer Eingemeindung begeistert, weiß Borgelt. Während Reinickendorf und Tegel mit ihrer relativ großen Arbeiterbevölkerung dafür waren, gab es in den konservativen Landgemeinden wie Hermsdorf oder Lübars - ebenso wie in Frohnau - Widerstände.

Die Mitten - von denen in der Ausstellung die Rede ist - sind Borgelts Aussage nach jedoch nicht in den ehemaligen Dorfkernen entstanden. "Sie sind an Ausfallstraßen oder Bahnhöfen entstanden. Dort, wo Verkehr war, begann Handel und wuchsen Zentren" sagt sie. Eine zentrale Mitte hat sich in Reinickendorf aber nicht entwickelt. Der Bezirk ist dezentral gewachsen und spiegelt damit die Situation Berlins.

Belege für das dezentrale Wachstum Berlins finden sich viele in den Ausstellungen des Märkischen Museums in Kooperation mit den zwölf Berliner Bezirksmuseen. Eng verknüpft mit dem Blick auf die historischen Entwicklungen ist dabei auch die Frage nach möglichen Impulsen für Gegenwart und Zukunft. Begleitet wird das Kooperationsprojekt von dem gemeinsam konzipierten Online-Portal 1000x.berlin mit Fotografien und Biografien aus 100 Jahren "Groß-Berlin". Götz Hausding

Die Ausstellung im Museum Reinickendorf kann noch bis zum 25. Oktober 2020 besucht werden. Die Sonderausstellung "Chaos & Aufbruch - Berlin 1920/2020" im Märkischen Museum in Berlin-Mitte stellt die Frage danach, wie Großstadt gelingen kann. Sie ist ab dem 26. August für Besucher geöffnet. Mehr dazu unter: www.grossesb.berlin