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PKW-Maut I : Theaterdonner im »House of Scheuer«

Die Aussage des Verkehrsministers hatte ein Nachspiel im Plenum

12.10.2020
2023-08-30T12:38:24.7200Z
2 Min

Im Maut-Untersuchungsausschuss herrscht in der Regel eine sachliche Arbeitsatmosphäre. Ganz anders in der Aktuellen Stunde, die am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums stand: Da griffen sich Vertreter von Koalition und Opposition frontal an und bezichtigten sich gegenseitig, nicht an der Aufklärung der Vorkommnisse um die im Juni 2019 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestoppte Pkw-Maut interessiert zu sein.

Dabei ließ die Opposition am Bundesverkehrsministerium und speziell an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer kein gutes Haar. An "House of Scheuer" fühlte sich (in Anlehnung an die erfolgreiche US-Politserie "House of Cards") Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) erinnert, während Jörg Cezanne (Die Linke) sich in einem "schlechten Mafia-Film" wähnte. Wolfgang Wiehle (AfD) kritisierte "auffällige Erinnerungslücken" Scheuers und "hanebüchene Methoden" des Verkehrsministeriums. Christian Jung (FDP) forderte Scheuer zum Rücktritt auf, da er bei der Vergabe der Pkw-Maut Vergabe-, Haushalts- und Europarecht missachtet habe. Grünenpolitiker Krischer zog ein anderes Vorgehen vor: "Frau Merkel, Herr Söder, entlassen Sie endlich diesen Minister!" Auch Jörg Cezanne von der Linksfraktion erklärte, jemand wie Scheuer habe in einer Führungsposition nichts zu suchen.

Anlass der Aktuellen Stunde war die Vernehmung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer im Untersuchungsausschuss in der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober. Der Minister hatte damals erklärt, sich an kein Angebot des Bieterkonsortiums erinnern zu können, mit dem Abschluss des Betreibervertrags bis nach dem EuGH-Urteil zu warten. Von einem solchen Angebot hatten zuvor Vertreter der Bietergemeinschaft aus CTS Eventim und Kapsch TrafficCom berichtet.

Die Vernehmung der Zeugen habe lediglich ergeben, dass Aussage gegen Aussage stehe, erklärte Michael Frieser (CSU). Er warf die Frage auf, warum die Betreiberfirmen überhaupt eine Verschiebung der Einführung der Pkw-Maut hätten vorschlagen sollen, wo sie doch ein finanzielles Interesse an einem möglichst frühen Start gehabt hätten.

Scharfe Kritik übte Frieser an der Opposition. Schon der Titel der Aktuellen Stunde ("Politische Konsequenzen aus dem Auftritt des Bundesministers Scheuer im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu der gescheiterten Pkw-Maut") zeige, dass es sich um eine "Inszenierung" handle. Die Opposition, schimpfte Frieser, behindere die Arbeit des Untersuchungsausschusses - und zwar deshalb, weil sie "Zirkus" wolle und nicht die Suche nach der Wahrheit.

Auch der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner (SPD) knöpfte sich die Opposition vor. Die bisher konstruktive Arbeit im Ausschuss werde zunehmend von "Theaterdonner" übertönt, beklagte er. Aufgabe des Ausschusses sei es nicht, eine Strafe zu verhängen, sondern den Sachverhalt aufzuklären. "Wir sind weder Ankläger noch Verteidiger", betonte Schiefner.

Kritische Anmerkungen hatte Schiefner aber auch in Richtung des Verkehrsministeriums: Die Vernehmung Scheuers habe noch kein ausreichendes Licht ins Dunkel gebracht, und noch immer stehe der Vorwurf im Raum, Vergaberecht und Haushaltsrecht seien gebrochen worden. chb