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Vor 30 Jahren... : Von der Klinik in die U-Haft

20.01.2020
2023-08-30T12:38:12.7200Z
1 Min

29.1.1990: Schwerkranker Honecker verhaftet. "Als wir das Zimmer betraten, hat man regelrecht gespürt, wie einsam und allein die Honeckers in diesem Moment waren", wird einer der Polizeibeamten zitiert, die am 29. Januar 1990 den einst mächtigsten Mann der DDR im Krankenhaus verhafteten. Der frühere Staats- und SED-Chef Erich Honecker war an Krebs erkrankt und lag wegen einer Nierenoperation in der Berliner Charité. Am Tag seiner Entlassung wurde er direkt in die Untersuchungshaftanstalt Berlin-Rummelsburg gebracht. Obwohl die Charité mitgeteilt hatte, dass es aus ärztlicher Sicht nicht zu verantworten sei, den Frischoperierten festzunehmen - entsprechend kurz war Honeckers Haft.

Hochverrat, Amtsmissbrauch und Korruption lauteten die Vorwürfe der neuen DDR-Generalstaatsanwaltschaft. Honecker habe Menschenrechte verletzt, die Pressefreiheit eingeschränkt, Wahlen manipuliert und die Wirtschaft ruiniert. Doch das Verhör in Rummelsburg dauerte nur eine Stunde. Der damals 77-Jährige wollte seine Anwälte sprechen, es gehe ihm schlechter.

Noch am Abend lehnte der Haftrichter aufgrund von Honeckers Zustand einen Haftbefehl ab. Am 30. Januar wurde der Ex-DDR-Staatschef auf freien Fuß gesetzt - und war obdachlos. Ein evangelischer Pfarrer nahm die Honeckers daraufhin auf. Im April begab sich Honecker in das sowjetische Militärkrankenhaus in Beelitz und entzog sich so vorerst der deutschen Strafverfolgung. Nach Aufenthalten in Russland und in der chilenischen Botschaft in Moskau wurde Honecker erst 1992 nach Deutschland ausgeliefert. Benjamin Stahl