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Soziales : Belange von Menschen mit Behinderungen

Der Bundestag beschließt das Teilhabestärkungsgesetz. Aus den Reihen der Opposition kommt harsche Kritik

26.04.2021
2023-08-30T12:39:36.7200Z
3 Min

FDP, Grüne und Linke ließen sich vom Titel Gesetzes nicht beeindrucken. Ihre Kritik am Teilhabestärkungsgsetz (19/27400), das der Bundestag vergangene Woche mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen und der AfD-Fraktion beschlossen hat, ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Besonders verärgert war Corinna Rüffer (Grüne). Mit einer Stärkung von Teilhabe habe dieses Gesetz rein gar nichts zu tun. Und wie die Koalition sich zur seit Jahren diskutierten Frage der Assistenz im Krankenhaus verhalte, sei "unverantwortlich und menschenverachtend", gerade in Zeiten der Pandemie, betonte sie.

Das Gesetz sieht zahlreiche Änderungen in den Sozialgesetzbüchern vor, die den Alltag von Menschen mit Behinderungen betreffen. Unter anderem soll sich die Betreuungssituation in den Jobcentern verbessern, Gewaltschutzkonzepte sollen Menschen, die in Einrichtungen leben, besser vor Übergriffen schützen. Menschen mit Behinderungen soll der Zutritt nicht wegen der Begleitung eines Assistenz- oder Blindenführhundes verweigert werden können. Die eingefügten Änderungen betreffen unter anderem Präzisierungen zu den Assistenzhunden, die Aufnahme digitaler Gesundheitsanwendungen in den Katalog der medizinischen Rehabilitationsleistungen, die Beteiligung der Jobcenter an dem Rehabilitationsprozess und Klarstellungen beim Thema Gewaltschutzkonzepte.

Der Oppositionsfraktionen hatten eigene Anträge zum Thema gestellt, die jedoch abgelehnt wurden: ein Antrag (19/22929) der AfD-Fraktion zu Teilhabeleistungen in Krankenhäusern; zwei Anträge (19/24886; 19/14503) der FDP-Fraktion zur umfassenden Inklusion und zum Assistenzhundegesetz; zwei Anträge (19/27299; 19/27316) der Fraktion Die Linke zur Selbstbestimmung und zu Assistenzhunden und ein Antrag (19/24437) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel "Sozialstaat auf Augenhöhe - Zugang zu Teilhabeleistungen verbessern".

Zu wenig Beschäftigte Sören Pellmann (Die Linke) nannte das Gesetz ein "Gesetzchen", das zu viele wichtige Fragen nicht beantworte. So werde die Praxis des Zwangspoolings, also der gemeinsamen Erbringung von Assistenzleistungen gegen den Willen der Betroffenen, noch immer nicht gestoppt, kritisierte er.

Jens Beeck (FDP) befand, das Gesetz bleibe trotz seines Umfangs im "Klein-Klein" stecken. "Es ist richtig, dass Sie den Gewaltschutz thematisieren, aber Sie tun es nicht mit Herzblut", warf er der Regierung vor. Es fehlten die Ansprechpartner vor Ort, die Ombudsleute und die Abstimmung mit den Ländern, wer das eigentlich kontrolliere, fügte er hinzu. Grüne und Linke mahnten, übrigens in Einklang mit der SPD, Änderungen bei der Ausgleichsabgabe an. Zu viele Unternehmen würden die Beschäftigungspflicht für Menschen mit Schwerbehinderung nicht erfüllen, die Abgabe wirke nicht abschreckend genug, hieß es von den Fraktionen.

Auf den Oppositionsbänken am mildesten gestimmt war die AfD-Fraktion, die sich darüber freute, dass viele ihrer Anregungen aufgenommen worden seien. Uwe Witt (AfD) resümierte, die Koalition habe beim Thema Teilhabe "endlich einmal den Fuß von der Bremse genommen".

Ein ähnliches Bild bemühte Kerstin Tack (SPD), die betonte, man habe sich mit dem Gesetz erneut auf den Weg gemacht, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. So zeigte sie sich zuversichtlich, dass die Änderungen beim Budget für Ausbildung den Zugang der Menschen zum allgemeinen Arbeitsmarkt verbessern werden.

Auf Drängen seiner Fraktion sei in das Gesetz aufgenommen worden, Ansprechpartner für Arbeitgeber zu definieren, um diese bei der Einstellung von Menschen mit Behinderungen zu beraten und zu unterstützen, lobte Wilfried Oellers (CDU). Das sei der bessere Weg, als die Sanktionskeule weiter hoch zu halten.