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FINANZEN : Das Schlupfloch wird kleiner

Eine Änderung der Grunderwerbsteuer soll Share Deals erschweren

26.04.2021
2023-08-30T12:39:36.7200Z
3 Min

Wer in Deutschland eine Wohnung kauft, muss Grunderwerbsteuer zahlen. Das gilt für jeden und für alle Immobilien - ob Bankenturm, Reihenhaus oder einzelne Plattenbauwohnung. Großinvestoren jedoch umgehen die Steuer seit Jahren mit einem Steuertrick, den sogenannten Share Deals. Dabei erwirbt der Käufer keine Immobilie, sondern kauft Anteile an einer dafür gegründeten Gesellschaft, der diese Immobilie gehört. Bleibt der Anteil des Käufers an dieser Gesellschaft unter 95 Prozent und hält der Verkäufer die restlichen fünf Prozent mindestens für fünf Jahre, wird keine Grunderwerbsteuer fällig. Es ist ein Milliardenschweres Steuerschlupfloch.

Dagegen wollte die Bundesregierung vorgehen. Ihren vor eineinhalb Jahren eingebrachten Entwurf zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (19/13437) stellte sie vergangene Woche zur Abstimmung im Bundestag. Er wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und gegen die Stimmen aller Oppositionsfraktionen angenommen. Während die Opposition massive Kritik übte, zeigten sich nicht einmal Union und SPD mit der Änderung zufrieden. Die SPD warf den Konservativen vor, sich strengeren Maßnahmen verweigert zu haben. Die Union machte die Bundesländer verantwortlich, die an dem Gesetz beteiligt waren und denen die Einnahmen zustehen. Ergebnis: Das Steuerschlupfloch bleibt, es wird nur kleiner.

Der Gesetzentwurf sieht vor, die 95-Prozent-Grenze auf 90 Prozent abzusenken. Die Haltefrist wird von fünf auf zehn Jahre verdoppelt, so dass die Grunderwerbsteuer auch fällig wird, wenn der Besitz innerhalb von zehn Jahren zusammengelegt wird. Zudem gibt es eine Regelung für den Austausch von Gesellschaftern, der das Co-Investoren-Modell verhindern soll.

Jörg Cezanne (Die Linke) bezeichnete die Absenkung von 95 auf 90 Prozent in der Debatte als "Realsatire". Das sei "ungefähr so wirksam wie wenn man nach einem Gasunfall den Anwohnern empfiehlt, jedes zweite Fenster zu schließen". Die Regelung sei "kinderleicht zu umgehen". Er warf der Union vor, "treuer Partner der Spekulanten" zu sein und verwies auf 1,25 Millionen Euro Spenden, die die CDU von Immobilienunternehmen 2020 erhalten habe.

Der AfD-Abgeordnete Udo Hemmelgarn kritisierte den Entwurf: "Die Attraktivität der Share Deals sinkt. Gelöst wird das grundsätzliche Problem nicht." Seiner Ansicht nach würden Share Deals zunehmen, weil die meisten Länder die Grundwerwerbsteuer erhöht hätten. Er forderte, über eine Verfassungsänderung die Steuer auf maximal 3,5 Prozent zu begrenzen.

Auch Markus Herbrand (FDP) sah eine Ursache bei den Bundesländern. Seitdem diese "bei den Steuersätzen wahre Steuererhöhungsorgien in Gang gesetzt" hätten, spiele das Vermeiden der Grunderwerbsteuer eine immer größere Rolle. Er nannte das Ergebnis nach so langer Beratungszeit "fast schon abenteuerlich fantasielos".

Als "Makulatur" bezeichnete Christian Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) den Entwurf. "Er wird in der Praxis nichts ändern", sagte er und unterstellte der Union, genau darin würden "Ihre wahren Interessen" liegen. Weiter sagte er: "Sie sorgen dafür, dass die Länder eine Milliarde Euro weniger Steuereinnahmen haben." Das sei genau die Summe, die an Bundesmitteln für den sozialen Wohnungsbau ausgegeben werde.

Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe (SPD) erklärte, ihre Fraktion habe monatelang mit der Union um das Gesetz gerungen. Die SPD habe weiter gehen wollen. Statt die Schwelle auf 90 Prozent zu senken, "haben wir für 75 Prozent plädiert". Auch sie wies auf den Bundesrat hin: "Würden wir das hier nicht umsetzen, dann hätten wir noch in fünf Jahren kein Gesetz, das steuervermeidende Share Deals erschweren würde."

Olav Gutting (CDU) verteidigte den Entwurf: Die Bundesländer hätten der Koalition ein Korsett angelegt, "in dem wir nur mit minimalinvasiven Eingriffen arbeiten konnten". Bei allen größeren Würfen, hätten "die Länder von vornherein blockiert". Seiner Ansicht nach müsse "das gesamte Grunderwerbsteuerrecht mittelfristig komplett auf neue Füße gestellt werden". Er erwarte dazu Vorschläge der Bundesländer.

Abgelehnt wurden vier Anträge der Fraktionen von AfD (19/13532), FDP (19/15053), der Linken (19/10067) und der Grünen (19/16501).