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Long-CoviD : Neuer Fokus

FDP und Linke fordern mehr Kapazitäten für die Behandlung von Spätfolgen einer Corona-Erkrankung. Union und SPD verweisen auf bereits gestartete Forschungsprogramme.

10.05.2021
2023-08-30T12:39:36.7200Z
3 Min

Es ist längst keine Randerscheinung mehr und dennoch liegt noch viel Wissen darüber im Dunkeln: Das Phänomen Long-Covid entwickelt sich erst langsam zu einer konkreten medizinischen Diagnose. Weil die meisten Corona-Infektionen mild oder gar unbemerkt verlaufen, liegt die Aufmerksamkeit naturgemäß vor allem auf den schweren Verläufen oder Todesfällen. Zu den vielen Unbekannten im Zusammenhang mit Covid-19 gehört jedoch, dass auch Patienten mit einem vorher milden Krankheitsverlauf monatelang an Spätfolgen leiden können, die nicht mit ein paar Kopfschmerzen abgetan werden können. Sie betreffen die Atemwege, das Herz-Kreislauf-System, den Muskelapparat, das Nervensystem, den Stoffwechsel. Oft leiden sie unter chronischen Erschöpfungszuständen (Fatigue Syndrom), die sie zeitweise berufsunfähig machen. Warum dies so ist, wen es warum erwischt, ist noch kaum erforscht.

Wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass rund zehn Prozent der Infizierten mit solchen Spätfolgen kämpfen. In Deutschland geht man von 300.000 Betroffenen aus - eine Zahl, die zum Handeln zwingt und die offenbar auch auf die Fraktionen der FDP und der Linken ihre Wirkung entfaltet hat: In der vergangenen Woche befasste sich der Bundestag erstmals mit zwei Anträgen beider Fraktionen und überwies sie im Anschluss an die Ausschüsse. Es ist wahrscheinlich, dass es also auch eine öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses zu diesem Thema geben wird.

Die Anträge Die Linke fordert in ihrem Antrag (19/29270) unter anderem, Long-Covid als Berufskrankheit anzuerkennen. Nach dem Willen der Fraktion sollen Arbeitsbezogene Corona-Erkrankungen für alle Beschäftigtengruppen als Berufskrankheit anerkannt werden. Außerdem sollten mehr Kapazitäten zur Behandlung von Covid-19 und Long-Covid geschaffen werden sowie Kapazitäten für Patienten, die an dem Fatigue Syndrom erkrankten.

Die FDP-Fraktion fordert in ihrem Antrag (19/29267) ebenfalls zusätzliche Behandlungskapazitäten. Die Abgeordneten verlangen außerdem, Long-Covid-Behandlungszentren als neuen Paragrafen im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) zu verankern. Ferner sollte zusammen mit den Bundesländern ein Register entwickelt werden, in dem die Fälle von Long-Covid erfasst und analysiert würden. Zudem sollten Forschungsgelder bereitgestellt werden, um Studien zu dem Thema dauerhaft zu fördern.

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) mahnte zur Eile und verwies auf andere Länder, die bereits sehr konkrete Schritte unternommen hätten. So sei in Großbritannien der flächendeckende Aufbau von 80 spezialisierten Behandlungszentren geplant. "In Deutschland gibt es kein vergleichbares Angebot, und das wollen wir ändern", betonte die Liberale.

Achim Kessler (Die Linke) sagte: Es dürfe nicht sein, dass die oft schlecht bezahlten Beschäftigten in systemrelevanten Berufen das volle Gesundheitsrisiko tragen, während die Manager im Homeoffice die Gewinne einstreichen. Auch verwies er auf ein milliardenschweres Forschungsprogramm der US-Regierung und fragte: "Warum ist das hier nicht möglich?"

Es gebe bereits erste Spezialeinrichtungen, Spezialsprechstunden, gerade an Universitätskrankenhäusern, entgegnete Stephan Albani (CDU). Auch habe die Bundesregierung bereits 150 Millionen Euro für den Aufbau eines Forschungsnetzwerkes auf den Weg gebracht. Noch fehle aber die Datengrundlage für den Aufbau der in den Anträgen geforderten Strukturen. "Mit diesen Anträgen wollen FDP und Linke schlauer sein als die Wissenschaft. Sie sind es aber nicht", resümierte Albani.

Bettina Müller (SPD) wies es ebenfalls von sich, dass die Bundesregierung die Krankheit und ihre Spätfolgen nicht ernst nehme. Aber: "Hier ist neben der Politik vor allem auch die Selbstverwaltung gefragt. Der Gemeinsame Bundesausschuss muss Vorgaben machen, die medizinischen Fachgesellschaften müssen Leitlinien für die Behandlung weiterentwickeln, und hier muss auch die Forschung ihren Beitrag leisten", sagte sie.

Zu wenig Nachsorge Maria Klein-Schmeink (Grüne) ließ diese Argumentation nicht durchgehen: "Ja, es gibt Forschungsprogramme. Dabei geht es aber um die Akutversorgung von Infizierten und ganz wenig darum, wie die Nachsorge insgesamt aussehen muss und wie insgesamt mit Long-Covid umgegangen werden muss. Das ist nicht Teil dieser Programme", betonte sie.

Robby Schlund (AfD) forderte von der Bundesregierung, erst einmal die Pandemie in den Griff zu bekommen und fragte: "Warum zum Beispiel gibt es noch immer keine Zulassung für den russischen Impfstoff Sputnik V? Es zeichnet sich doch ab, dass damit nach einer Covid-Erkrankung deutlich weniger Post-Covid-Symptome auftreten."