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KIRCHEN : Ein Jahrhundert-Auftrag

Ablösung der Staatsleistungen bleibt ungeregelt

10.05.2021
2023-08-30T12:39:36.7200Z
2 Min

"Mit warmen Worten wird man einem Verfassungsauftrag nicht gerecht." Dieser Hinweis des Grünen-Abgeordneten Konstantin von Notz an die Koalitionsfraktionen konnte als Beschreibung der politischen Gefechtslage aufgefasst werden, als es vergangene Woche im Bundestag um Staatsleistungen an die katholische und evangelische Kirche ging.

Die von keiner Fraktion bestrittene Ausgangslage: Vor gut 200 Jahren ging in erheblichem Umfang kirchlicher in staatlichen Besitz über. Seither fließen Entschädigungszahlungen - derzeit jährlich rund 550 Millionen Euro. Seit 102 Jahren ist in der Weimarer Verfassung und dann folgend im Grundgesetz der Auftrag festgeschrieben, diese Zahlungen abzulösen.

Die Oppositionsfraktionen haben nun diesen Auftrag aufgegriffen. Ein Gesetzentwurf (19/19273) entstand als Gemeinschaftswerk von FDP, Linken und Grünen. Er legt zugrunde, dass es geboten sei, weitere 20 Jahre die jährlichen Zahlungen zu leisten und die Staatshilfen dann mit einer zusätzlichen Ablösesumme von zehn Milliarden Euro zu beenden. Die AfD setzte sich in ihrem Gesetzentwurf (19/19649) für ein Auslaufen dieser Staatshilfen nach fünf Jahren und mithin noch rund drei Milliarden Euro ein.

Das halte seine Fraktion für angemessen, erklärte Volker Münz (AfD). Die Summe im anderen Antrag sei völlig überzogen. Die zu enge finanzielle, organisatorische und personelle Verflechtung zwischen Staat und Kirchen müsse beendet werden.

Die anderen Oppositionsfraktionen reklamierten für sich, einen fairen Kompromiss vorgelegt zu haben, wie Benjamin Strasser (FDP) unterstrich. So sei denn auch die Entrüstung von Seiten der Kirchen und der Bundesländer ausgeblieben. Womit ein kniffliger Punkt des Vorhabens angesprochen war: Als Zahlmeister stehen die Länder in der Pflicht, der Bund muss in einem Gesetz lediglich die Grundsätze vorgeben.

Eine unangenehme Frage, wie Strasser befand. Doch sie müsse gelöst werden. Die Zeit der Ausreden und des Aussitzens sei vorbei. Allerdings schlug das Parlament den Knoten nicht durch. Beide Gesetzentwürfe fanden keine Mehrheit.

Die CDU/CSU-Fraktion nehme die Debatte zur Lösung der Frage in die nächste Legislaturperiode mit, sagte Philipp Amthor (CDU). Er verband dies mit einem Dank an FDP, Linke und Grüne, die etwas erlahmte Diskussion wiederbelebt zu haben. Im AfD-Antrag sah er eine unrechtmäßige Schlechterstellung der Kirchen.

Lars Castellucci (SPD) hielt der AfD einen verfassungswidrigen Gesetzesvorstoß vor. Das andere Vorhaben verdiene Würdigung, lasse aber offen, was genau unter Staatsleistungen zu verstehen sei und wie die Höhe der Ablösung ermittelt werden solle. Er redete einer freundschaftlichen Lösung der Frage zwischen Kirche und Staat in der nächsten Wahlperiode das Wort.

Christine Buchholz (Linke) fand, SPD und Union hätten bisher die Arbeit verweigert. Es gebe keine weiteren Ausreden mehr, die Entflechtung von Kirche und Staat nicht zu betreiben.