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Umwelt : Schlagabtausch zu Klimaschutz und Freiheit

Kontroverse Debatte nach Karlsruher Urteil

10.05.2021
2023-08-30T12:39:37.7200Z
3 Min

Vertreter von Koalition und Opposition haben sich am vergangenen Freitag eine heftige Kontroverse über die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung geliefert. Dabei spielte der Ende April veröffentlichte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über das Klimaschutzgesetz eine zentrale Rolle (Seite 1). Eigentlicher Anlass der Debatte waren jedoch Anträge und ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu klimapolitischen Aspekten (19/29294, 19/28364, 19/29288).

"Das Bundesverfassungsgericht hat uns eine klare Botschaft auf den Weg gegeben: Wer das Klima schützt, schützt auch unsere Freiheit", sagte Annalena Baerbock (Grüne). Es gehe jetzt darum, als Gesellschaft gemeinsam auf den im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Die Koalition formuliere zwar neue Ziele, nenne aber den Weg zur Erreichung nicht, kritisierte sie.

Die Koalition nehme den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts ernst, sagte hingegen Stephan Stracke (CSU). Deshalb werde das Klimaschutzgesetz "in Rekordtempo" überarbeitet. Konkret werde das CO2-Minderungsziel bis 2030 auf 65 Prozent erhöht und Klimaneutralität bis 2045 angestrebt. Damit trage Deutschland mehr zum Erreichen des von der EU ausgerufenen Minderungsziels von 55 Prozent bei als andere Länder. Wichtig sei aber, bei den Maßnahmen ",mit dem richtigen Kompass" vorzugehen und auf Kosteneffizienz zu achten.

Freibrief Scharfe Kritik am Beschluss des Bundesverfassungsgerichts übte Karsten Hilse für die AfD-Fraktion. Das oberste Gericht sei in der Hand derjenigen, die zuließen, dass Deutschland zu einem totalitären Staat umgebaut werde, erklärte Hilse. Der Gerichtsbeschluss sei ein Freibrief für alle Klimaschutzmaßnahmen, die grundgesetzlich gesicherte Freiheitsrechte aushebelten. In einer nachträglichen Erklärung nach Paragraf 30 der Geschäftsordnung stellte Hilse klar, er achte das Bundesverfassungsgericht als Institution, stelle aber in Frage, dass es ein gutes Urteil gefällt habe.

Die AfD habe das oberste Gericht des Landes diskreditiert, sagte Matthias Miersch für die SPD. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden müsse, so sei das die Rede Hilses gewesen. An die Adresse der Grünen gerichtet erklärte Miersch, er hätte sich etwas mehr Lob für die Bundesregierung gewünscht. Diese habe das Klimaschutzgesetz verabschiedet, während es ein "Armutszeugnis" sei, was das grün regierte Baden-Württemberg beim Ausbau der erneuerbaren Energien leiste. Im Übrigen könne man nicht, wie es die Grünen vorschlügen, einfach so über Nacht den Konsens über die CO2-Bepreisung und den Kohlekompromiss aufkündigen.

Technologieneutralität Für die FDP-Fraktion hob Lukas Köhler hervor, dass das Bundesverfassungsgericht die Verantwortung für kommende Generationen und damit einen "urliberalen" Ansatz betont habe. Es habe aber auch die Technologieneutralität unterstrichen und die Politik dazu aufgerufen, eine Agenda aufzusetzen, die die wirtschaftliche Entwicklung vorantreibe. Deshalb schlage die FDP ihr Modell eines CO2-Limits vor, das auf das 1,5-Grad-Ziel angepasst werde.

Freiheit bedeute, die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu erhalten, betonte Lorenz Gösta Beutin (Die Linke). Das beinhalte eine Absage an das neoliberale Prinzip und sei nur mit sozialer Gerechtigkeit möglich. Die Energiewende dürfe nicht dazu führen, dass Millionen Haushalte wegen der Stromrechnung in Zahlungsschwierigkeiten gerieten. Beutin kritisierte, die Koalition wolle große Unternehmen beim CO2-Preis entlasten, während auf der anderen Seite Wohnungsmieter diesen Preis voll bezahlen müssten.

"Klimaschutz muss für alle machbar und finanzierbar sein", sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Deshalb müsse der CO2-Preis fair zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden. Schulze betonte, das Bundesverfassungsgericht habe den Mechanismus des von ihr gegen Widerstände durchgesetzten Klimaschutzgesetzes eindeutig bestätigt. Jetzt gebe es "einen Wettbewerb der Ideen" um den besten Weg zum Erreichen der Klimaschutzziele - und das sei gut so.