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dialekte : »Wir können alles. Außer Hochdeutsch«

Auf Landesebene wird versucht, Mundarten am Leben zu erhalten

30.08.2021
2023-08-30T12:39:40.7200Z
3 Min

Wolfgang Niedecken ist ein Rockstar. Der Sänger der Kölner Band BAP hat seine Erfolge weder mit hochdeutschen noch mit englischen Texten gefeiert. Niedecken singt konsequent auf Kölsch. Der Dialekt mache die Band unverwechselbar, sagte der Sänger anlässlich der Veröffentlichung des 20. Studioalbums seiner Band im vergangenen Jahr. Er singe lieber so, wie es seiner Seele entspricht, und träume sogar auf Kölsch. In seiner Mundart zu kommunizieren werde aber immer schwerer. Es gebe immer weniger Menschen, die Kölsch sprechen.

Zumindest mit Blick auf die Metropolen ist dem Musiker zuzustimmen. In Städten ist der Bevölkerungswechsel groß - Zugezogene etwa in Berlin "verwässern" das Sprachbild. Im Stadtteil Prenzlauer Berg wird zuweilen öfter geschwäbelt als berlinert. In München wird ebenfalls immer seltener bayerisch gesprochen. Anderes sieht es in Bezug auf den jeweiligen Dialekt in den Berliner Randregionen oder im ländlichen Oberbayern aus.

Mundartpflege Stichwort Bayern: Die Landesregierung des Freistaates tut etwas zur Mundartpflege. Mit dem "Dialektpreis Bayern" werden Jahr für Jahr besondere Verdienste um die Dialektpflege und die Dialektologie gewürdigt. Im Jahr 2018 war die mit breiter Erdinger Mundart arbeitende Kabarettistin Monika Gruber eine der Preisträgerinnen.

Sehr selbstbewusst geht das Land Baden-Württemberg mit seinen Dialekten um: Wem hat der Marketing-Slogan "Wir können alles. Außer Hochdeutsch" nicht schon zumindest ein Lächeln hervorgelockt? In Baden-Württemberg werden rund ein Dutzend regionaler Mundarten gesprochen. Doch die Vielfalt trügt, denn Dialekte teilen auch dort dasselbe Schicksal: das des Verschwindens. Daher hat das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz das Modellprojekt "Kultureller Wandel im Ländlichen Raum" in Auftrag gegeben. Hierbei erstellt das Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft aus Tonbandaufnahmen des Arno-Ruoff-Archivs der Tübinger Arbeitsstelle Sprache in Südwestdeutschland ein Hörbuch mit zusätzlich begleitender Print-Publikation. Mit dem Dialektatlas für Baden-Württemberg kann man schon jetzt die Vielfalt der Dialekte entdecken.

Dialekte gibt es auch im Bundestag. Dass der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach unweit von Aachen aufgewachsen ist, ist bei seinen Wortbeiträgen nicht zu überhören. Abgeordnete aus Baden-Württemberg wie etwa Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir können und wollen ihren Dialekt auch nicht verbergen. Wenn der AfD-Abgeordnete Stephan Protschka vor dem Plenum des Bundestages auf Bayerisch loslegt, wird er schon mal von der Sitzungsleitung darauf hingewiesen, dass er nicht zu verstehen sei. Bei Gregor Gysi von der Linksfraktion ist leicht zu erkennen, dass er sein Leben in Berlin verbracht hat. Torsten Herbst (FDP) stammt aus Dresden, was sprachlich nicht zu überhören ist.

Minderheitensprachen Unter den zu fördernden Regional- und Minderheitensprachen finden sich die aufgeführten Dialekte jedoch nicht. Geschützt sind in Deutschland die Minderheitensprachen Dänisch, Ober- und Niedersorbisch, Nord- und Saterfriesisch, das Romanes der deutschen Sinti und Roma sowie die Regionalsprache Niederdeutsch, wie in der Unterrichtung durch die Bundesregierung (19/31420) ausgeführt wird. Danach soll mit dem umfassenden Regelwerk der in der Bundesrepublik seit 1999 in Kraft befindlichen "Sprachencharta" die Bewahrung dieser Sprachen gesichert und ihre Verwendung im privaten und öffentlichen Bereich unterstützt werden.