Aufgekehrt : Die Wissenden schweigen
Über die Kunst, mit vielen Worten nichts bis gar nichts zu sagen.
Es gehört zum Markenkern von Politikern, bohrende Fragen besser nicht so genau zu beantworten. Lieber etwas herumschwurbeln und sich argumentative Beinfreiheit erhalten. Schon Loriot machte sich über die Sprechblasen in der Politik lustig, wobei die Kunst des Nebulösen unterschiedliche Schattierungen kennt. "Ich weiß nichts, und Sie wissen nichts", fauchte der stets bissige Herbert Wehner (SPD) seinen meistgehassten Berichterstatter Lueg vor der TV-Kamera an, um ihn sodann ratlos stehen zu lassen.
Heute ist manche Politikeraussage immer noch nichtssagend, kommt aber anders gewandet daher: freundlich, zugewandt und leise. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Leisetreterei zur Perfektion verfeinert. Schreihälse, Besserwisser und Nörgler lässt der Kurze aus dem hohen Norden einfach abtropfen. Seine Botschaft: Die Wissenden schweigen. Der Meister Yoda der Politik steht nicht in dem Ruf, an mangelndem Selbstvertrauen zu leiden. Sonst hätte er sich kaum als Kanzlerkandidat installieren lassen zu einer Zeit, als bei der SPD nicht klar war, ob es vielleicht doch eher um die Fünf-Prozent-Hürde geht.
Womöglich verdankt Scholz seine Weisheit tatsächlich heimlichen Star-Wars-Studien, allerdings weiß jeder Schüler, dass Abgucken am besten beim Tischnachbarn funktioniert, und das war im Fall Scholz nun einmal Merkel. Die beiden wirken auffällig verhaltensgeklont: Ständig Lob und Dank und im Ernstfall: Totenruhe. So hat Merkel manchen Diktator und Hochstapler aus der Fassung gebracht. Allein ihr Blick: vernichtend wie ein Fallbeil. Da muss Scholz nacharbeiten. Sein Gesichtsausdruck erinnert weniger an Merkel oder Yoda, eher an Stan und Ollie.