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Entwicklung : »Gefährlicher Paradigmenwechsel«

Opposition kritisiert Afrika-Politik der Bundesregierung. Minister betonen enge Partnerschaft

01.03.2021
2023-11-13T09:51:14.3600Z
3 Min

Kein gutes Zeugnis für die Afrika-Politik der Bundesregierung haben die Oppositionsfraktionen vergangene Woche der Bundesregierung ausgestellt. In einer Vereinbarten Debatte sprach Dietmar Friedhoff (AfD) von einer "globalen Umverteilung ohne Sinn und Verstand". Afrika habe das Potenzial zu Wertschöpfung und Teilhabe, aber in mehr als 60 Jahren "fehlgeleiteter Entwicklungspolitik" seien Hunger und Armut nicht gelindert und Korruption nicht beseitigt worden. Friedhoff forderte eine zielgerichtete wirtschaftliche Zusammenarbeit, "die auf Wertschöpfung setzt und die auch klar deutsche Interessen definiert" sowie Unterstützung für die "Agenda 2063" der Afrikanischen Union (AU), in deren Rahmen auch eine panafrikanische Freihandelszone errichtet werden soll.

Christoph Hoffmann (FDP) mahnte, Afrika müsse "eine höhere Bedeutung für uns bekommen". Mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren sei Afrika ein junger Kontinent, die neue Generation sei gebildeter und informierter als je zuvor. Die Herzen dieser jungen Menschen könne Europa nicht gewinnen, indem es "Uralt-Despoten" im Tschad, in Uganda oder Kamerun unterstütze und auf Almosen statt Investitionen setze. Investitionen könne es in der Breite nur geben, wenn sich Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Demokratie mit europäischer Unterstützung durchsetzten.

Für die Fraktion Die Linke warf Sevim Dagdelen der Bundesregierung vor, Frieden und Sicherheit zwar zu den Top-Prioritäten in der Zusammenarbeit mit Afrika erklärt zu haben, stattdessen aber durch Waffenlieferungen "Tod und Zerstörung" zu exportieren. Eine ungleiche Handelspolitik würde zudem Teile der afrikanischen Wirtschaft zerstören und immer mehr Menschen zur Flucht zwingen. Dagdelen forderte einen Stopp von Rüstungsausfuhren und Einsätzen der Bundeswehr wie etwa in Mali an der Seite der früheren Kolonialmacht Frankreich. Covid-19-Impfstoffe müssten außerdem auch für die afrikanischen Staaten bereitgestellt werden. Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einem "gefährlichen Paradigmenwechsel" in der Afrika-Politik "hin zu einem Diktat der Innenpolitik und der Migrationsabwehr". Dafür nehme die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit autoritären Kräften in Kauf und stelle die Menschenrechte hintenan. "Afrika bietet wertvolle Chancen und Potenziale", betonte Brugger. Deutschland sollte in den Aufbau von guter Staatlichkeit investieren und die Rolle der Zivilgesellschaft stärken.

Die Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie Auswärtiges, Gerd Müller (CSU) und Heiko Maas (SPD), sahen indes viele positive Entwicklungen in den Beziehungen Deutschlands und Europas zu Afrika. Müller urteilte, mit dem "Marshallplan mit Afrika" habe eine Zusammenarbeit "auf Augenhöhe" eingesetzt. Bei den globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemiebekämpfung und Migration säßen alle in einem Boot. Er sicherte zu, die afrikanische "Agenda 2063" zu unterstützen. Müller forderte zugleich eine stärker abgestimmte Afrika-Politik innerhalb der EU, einen Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit durch faire Handelsbeziehungen und mehr Investitionen vor allem in Bildung und Ausbildung.

»Gestiegenes Engagement« Maas sprach von einem "umfassenden Engagement" in Afrika und einer "Zukunftspartnerschaft", die weiterhin mit konkreten Initiativen gefüllt werden müsse. Positiv hob er die gemeinsamen Friedensmissionen mit der AU hervor, die europäische Unterstützung für die panafrikanische Freihandelszone sowie die Investitionen in Afrika, die zu 40 Prozent aus der EU stammten. "Europa ist Afrikas engster Partner in Frieden und Sicherheit", stellte Maas klar. Es unterstütze unter anderem die Friedensprozesse in Libyen und dem Sudan.

Derzeit arbeite das Auswärtige Amt außerdem "mit Hochdruck" daran, ergänzte Maas, neue Kolleginnen und Kollegen für die Auslandsvertretungen in Afrika zu finden. Im letzten Haushalt hatte der Bundestag dafür zusätzliche Stellen geschaffen. Maas betonte, diese seien notwendig, um das gestiegene Engagement vor Ort "dauerhaft und nachhaltig operationalisieren zu können".