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Schwierige Beziehung : So kam es zum DW-Rauswurf in Russland

Russland hat ein Sendeverbot für die "Deutsche Welle" verhängt. Intendant Peter Limbourg kritisiert "völlige Überreaktion" Moskaus.

07.03.2022
2024-03-04T17:01:27.3600Z
3 Min

Dem Krieg ging die mediale Offensive voraus. Im Vorfeld des Einmarsches in die Ukraine provozierte der russische Staatssender RT mit seinem deutschen Ableger die Medienaufsicht hierzulande mit dem Start eines Programmes, das aus rundfunkrechtlichen Gründen nie eine Chance auf dauerhafte Ausstrahlung hatte.

Am 16. Dezember ging RT DE von Berlin aus als Livesender online und "on air" - nämlich über den französischen Eutelsat-Satelliten 9b. Für die Ausstrahlung eines Liveprogrammes fehlte RT DE allerdings die bundesdeutsche Lizenz. Sie war auch zunächst nicht beantragt worden. Und dies aus gutem Grund, denn reguläre Fernsehprogramme unterliegen in Deutschland der Rundfunkzulassung - und die fordert Staatsferne. TV Novosti, die Mutterorganisation von RT DE, wird allerdings aus dem russischen Staatshaushalt finanziert. Eine Lizenzierung in Deutschland war also von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Umgehungsversuch schlug fehl

Der Kniff, mittels einer serbischen Sendelizenz ein Schlupfloch europäischer Medienregulierung zu nutzen und die deutsche zu umgehen, schlug fehl. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg, die als Aufsichtsbehörde zuständig war, leitete ein Kontrollverfahren ein, weil sie den Umweg über ein Land, das noch nicht einmal der EU angehört, für illegal hielt.

Schon zu diesem Zeitpunkt schaltete sich die russische Politik von höchster Stelle aus ein. Beim Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in Moskau Mitte Januar bezichtigte ihr Amtskollege Sergej Lawrow Deutschland einer Blockade des russischen Senders. "Die deutsche Regierung war nicht bereit, eine Lizenz für RT Deutsch auszufertigen. Als sich RT DE an andere Länder wandte, hat Berlin alles unternommen, damit diese Entscheidung auch in anderen Hauptstädten gefällt wird", sagte er in Bezug auf die Weigerung unter anderem Luxemburgs, eine Lizenzierung vorzunehmen, weil eben Deutschland zuständig sei.

Seine unterschwellige Behauptung, die Bundesregierung könne eine Lizenz ausstellen, war falsch, passte jedoch zum Tenor, dass in Deutschland die Pressefreiheit mit Füßen getreten werde. Bei der Pressekonferenz der beiden Außenminister trat eine russische Journalistin, Margo Zvereva, auf, die behauptete, russische Journalisten in Deutschland seien "massivem Druck und massiver Diskriminierung ausgesetzt".

Wenige Tage nach der Pressekonferenz von Baerbock und Lawrow kam es, wie es nach deutschem Medienrecht auch kommen musste. Anfang Februar untersagte die gemeinsame Zulassungskommission aller 14 deutschen Medienanstalten den Betrieb und die Ausstrahlung des Fernsehprogramms von RT DE, weil dem Sender die "erforderliche medienrechtliche Zulassung" fehle.

Höchste Ebene

Die russische Reaktion kam prompt. Und von höchster Ebene. Das Außenministerium in Moskau schaltete sich ein und erklärte, die Entscheidung der deutschen Medienaufsicht lasse "keine andere Wahl als Vergeltungsmaßnahmen gegen in Russland akkreditierte deutsche Medien zu ergreifen". Dass sich für eine solche "Vergeltung" besonders gut die Deutsche Welle (DW) eignen würde, lag auf der Hand. Würde ein Vorgehen gegen die DW doch der russischen Führung und dem russischen Staatsfernsehen Gelegenheit geben, zwei mit Staatsgeldern finanzierte Sender gegeneinander aufzuwiegen und eine Gleichartigkeit zu behaupten, die nicht gegeben ist.

Die Deutsche Welle wird zwar hauptsächlich aus dem Bundeshaushalt finanziert, jedoch ist der Intendant allein dem Rundfunkrat des Senders rechenschaftspflichtig. Die Berichterstattung der DW unterliegt journalistischen Kriterien. RT, 2005 unter dem Namen Russia Today gegründet, und sein deutscher Ableger behaupten hingegen nicht einmal selbst, unabhängig zu arbeiten.

Am 3. Februar verfügte das russische Außenministerium ein Sendeverbot für die Deutsche Welle, die Schließung des DW-Korrespondentenbüros in Moskau und den Entzug der Akkreditierungen für ihre Journalisten. Intendant Peter Limbourg nannte die Entscheidung "in keiner Weise nachvollziehbar und eine völlige Überreaktion" und kündigte im Gegenzug eine verstärkte Online-Berichterstattung auf Russisch an. RT DE selbst sendete online weiter. Die Produktionsfirma klagte vor dem Verwaltungsgericht Berlin, allerdings ohne zunächst einen Eilantrag zu stellen. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg verwies auf den Rechtsweg und unterband die Weiterausstrahlung deshalb erst einmal nicht.

Die Autorin arbeitet als freie Journalistin für den "Deutschlandfunk".