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Energiepreise
Nina Jeglinski
»Zu spät, zu langsam und zu wenig«

Opposition übt Kritik an den Entlastungsvorhaben der Bundesregierung

Privathaushalte und Energieunternehmen ächzen gleichermaßen unter immer weiter steigenden Kosten. Die Inflationsrate in Deutschland erreichte im April 7,4 Prozent, der höchste Stand seit Herbst 1981. Nach dem Stopp russischer Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien zittert die deutsche Wirtschaft für den Fall, dass Russland als nächstes die Versorgung nach Deutschland einstellen wird. Sollte es dazu kommen, würden die Kosten für Heizen, Tanken, aber vor allem auch für Lebensmittel und Konsumgüter in bisher unbekannte Höhen steigen. Nach Ansicht der CDU/CSU-Fraktion unternimmt die Bundesregierung in dieser dramatischen Lage viel zu wenig und reagiere immer viel zu spät.

Steuerentlastungen In einer Aktuellen Stunde ernteten die Maßnahmen - wie die Entlastungspakete I und II - der Bundesregierung zur Entlastung von Verbrauchern heftige Kritik. Die Aussprache fand am Donnerstag auf Verlangen der CDU/CSU-Fraktion statt. Mit drastischen Worten forderte Jens Spahn (CDU/CSU) "anstatt immer neuer Pakete Steuerentlastungen auf Energie". Diesen Vorschlag habe seine Fraktion bereits Anfang des Jahres gemacht, doch "die Ampel handelt stets zu spät, zu langsam und zu wenig", sagte Spahn.

Diese Vorwürfe ließ Nina Scheer (SPD) nicht gelten. Sie machte deutlich, dass die hohen Preise für Energie zum einen mit der Corona-Pandemie zusammenhingen und seit dem 24. Februar der Angriff Russlands auf die Ukraine zu weiteren Preissprüngen geführt habe. "Es gibt Ereignisse, für die es keine Schablonen gibt", erklärte Scheer. Unterstützung erhielt sie durch Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen), er warnte davor, durch die Vorhaben der Ampel-Koalition den Ausbau erneuerbarer Energien zu verlangsamen. Das Gegenteil müsse passieren, und Klimaminister Robert Habeck beweise "jeden Tag, dass unsere Regierung handelt", so Audretsch. Ziel der Ampel sei zudem, "dass wir keine Bürgerin und keinen Bürger zurücklassen".

Für die FDP meldete sich Andreas Pinkwart zu Wort. Der Minister für Wirtschaft und Energie in Nordrhein-Westfalen rief die Fraktionen der Regierung und der Opposition zum Schulterschluss auf. "Wir müssen die erneuerbaren Energien jetzt so schnell wie möglich vorantreiben", forderte er. Wenn beispielsweise der Kohleausstieg bis 2030 gelingen solle, dann müssten vor allem bürokratische Hürden beseitigt werden, zudem brauche es "mehr Standardisierung und mehr Digitalisierung". Pinkwart warnte vor einem möglichen Energieembargo durch Russland. Dadurch würden nicht nur wichtige Industriezweige in "erhebliche Mitleidenschaft" gezogen werden, sondern die Preise würden sich noch einmal massiv erhöhen. Deshalb müsse Deutschland sich auf eine solche Lage vorbereiten, Ziel sei es, "sehr viel mehr Tempo beim Umbau der Energieversorgung" hinzubekommen.

Preise deckeln Die AfD-Fraktion sieht in den Entlastungsprogrammen der Bundesregierung vor allem "ein Bürokratiemonster". Bernd Schattner (AfD) kritisierte: "Finanzminister Lindner hat zugegeben, dass den Behörden dadurch neue Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro entstehen". Den geplanten Umstieg auf LNG-Gas lehnte er ab und forderte, Kohle- und Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Auch die Vorschläge der Linken unterscheiden sich von denen der Regierung. "Die Bundesregierung hat den sozialen Sprengstoff, der in den steigenden Energiepreisen steckt, immer noch nicht erkannt", warnte Christian Leye (Die Linke), allein Heizkosten seien im März um 63 Prozent gestiegen. In Frankreich, Italien und Spanien hätten die Regierungen die Energiepreise gedeckelt. "Warum ist das in diesem Land nicht möglich?", so Leye.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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