W enn sich das vereinte Europa im 21. Jahrhundert global behaupten will, braucht es eigene Streitkräfte. Nicht kurzfristig - aber als Teil einer nach außen handlungsfähigen Union ist eine europäische Armee, schnell und verlässlich einsetzbar, auf lange Sicht unverzichtbar. Die heute 27 Armeen in der EU sind zu teuer und ineffizient, ihr gemeinsamer Einsatz ist zu kompliziert: Die EU-Staaten geben jährlich über 200 Milliarden Euro für Verteidigung aus, trotzdem sind die Fähigkeitslücken groß, wie das Afghanistan-Desaster gezeigt hat.
Die Pesco-Initiative, die ersatzweise die Zusammenarbeit der nationalen Armeen verbessern soll, bringt nur lähmend langsame Mini-Fortschritte. Mit einer eigenen, modernen Armee jedoch könnte die EU ihren geopolitischen Anspruch glaubhaft unterlegen und zugleich die Nato, die wichtig bleibt, bei Einsätzen in der Nachbarschaft entlasten. Sicher, für die EU-Staaten wäre es ein einschneidender Verzicht auf Souveränität. Aber ohne nationale Souveränitätseinbußen kann das vereinte Europa seine globalen Ambitionen sowieso nicht einlösen. Wenn Soldaten ihren Eid auf die EU schwören und die EU-Flagge auf der Uniform tragen - das wäre ein Schub für das vereinte Europa und ein Signal an die Welt.
Die Hürden sind hoch, nur schrittweise ist das Ziel erreichbar: Die geplante Eingreiftruppe aus Soldaten der nationalen Streitkräfte könnte die Vorstufe sein, danach wäre eine Cyber-Brigade mit EU-Soldaten die Keimzelle für die neue Truppe. Sie könnte als anfangs 28. Armee zum Beispiel auch ein gemeinsames Raketenabwehrsystem betreiben. Das alles wird dauern. Aber wichtig ist zu wissen, wo man hinwill. Die EU braucht wieder Mut zu großen Zielen.
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