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Familiensplitting : AfD fordert Familiensplitting

AfD-Fraktion will Kinder in das Ehegattensplitting mit einbeziehen und auch beim Grundfreibetrag wie Erwachsene berücksichtigen.

05.12.2022
2024-03-04T13:29:08.3600Z
4 Min
Foto: picture-alliance/Westend61/Rainer Berg

Beim Familiensplitting sinkt mit der Zahl der Kinder die Steuerlast der Eltern.

In Frankreich erfreuen sich Familien mit Kindern einer besonderen steuerlichen Förderung: Kinder zählen bei der Berechnung der Einkommensteuer mit. Die Steuer wird mit Quotienten berechnet: Jedes Elternteil hat den Quotienten eins, jedes Kind 0,5. Bei einer Familie mit einem Kind wird das Gesamteinkommen zunächst durch 2,5 geteilt, und das Ergebnis wird am Steuertarif abgelesen. Der ermittelte Betrag wird dann mit 2,5 multipliziert, was bei einem nach Einkommenshöhe steigenden (progressiven) Steuertarif zu einer spürbaren Entlastung von Familien mit Kindern führt.

Je mehr Kinder, desto geringer die Steuerschuld

Bei einer Familie mit zwei Kindern würde der Quotient drei betragen, ab dem dritten Kind steigt der Quotient sogar um den Faktor eins. Die Steuerschuld würde weiter sinken. Auch in Deutschland wurden Familiensplitting-Modelle immer wieder diskutiert. Zuletzt gab es in der vergangenen Woche einen Vorstoß der AfD-Fraktion für ein steuerliches Familiensplitting, der aber auf erbitterten Widerstand anderer Fraktionen stieß.

Michael Schrodi (SPD) zum Beispiel warf der AfD vor, eine "krude nationalistische Bevölkerungsideologie" zu vertreten. Der Antrag auf Familiensplitting "atmet den Geist eines überholten Familienbildes", kritisierte Sascha Müller (Grüne).


„Kinderarmut ist Familienarmut, und deshalb müssen Familien unterstützt werden. “
Martin Reichardt (AfD)

Martin Reichardt (AfD) warb dagegen für die Initiative seiner Fraktion: "Kinderarmut ist Familienarmut und deshalb müssen Familien unterstützt werden." Doch es sei in den letzten Jahrzehnten viel zu wenig geschehen, was die steigende Zahl von Kindern, die in Armut leben müssten, zeige. "Eltern sein erhöht das Risiko, arm zu sein", sagte Reichardt.

Doch es gebe keine Entlastungen, sondern die Politik kassiere bei den Eltern ab. Die Folgen der "demographischen Katastrophe" würden immer offensichtlicher: "Sozialsysteme kollabieren, Fachkräftemangel lähmt Industrie und Handwerk." Der Auftrag der Bundesregierung sei es, für den Bestand des Staatsvolks und für die Zukunft des Staates Sorge zu tragen. Doch die Bundesregierung setze auf Massenmigration. Die Einwanderung von zwei Millionen Menschen in den letzten sechs Jahren über das Asylsystem koste 60 Milliarden Euro - "Geld, das den Familien fehlt".

Maßnahmen sollen auch für Alleinerziehende gelten

Die AfD-Fraktion will Kinder in das Ehegattensplitting mit einbeziehen und auch beim Grundfreibetrag wie Erwachsene berücksichtigen. Ihr Antrag  wurde an die Ausschüsse überwiesen. Die Maßnahmen sollen auch für Alleinerziehende gelten. Familien ab dem dritten Kind bis zu einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro sollen keine Einkommensteuer mehr zahlen müssen. Das Kindergeld soll weiterhin unabhängig vom Familiensplitting erhalten bleiben.

In einem weiteren, ebenfalls an die Ausschüsse überwiesenen Antrag (20/4668) fordert die AfD-Fraktion massive Steuersenkungen für Familien mit Kindern. Dienstleistungen und Artikel mit Kinderbezug sollen nur noch mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent statt bisher 19 Prozent besteuert werden. Die AfD-Fraktion erklärt, Familien würden die Keimzelle der Gesellschaft darstellen und den biologischen Fortbestand der nächsten Generation ermöglichen.

SPD: "Rolle rückwärts ins letzte Jahrtausend der Familienpolitik"

Schrodi wies darauf hin, dass die AfD bereits in der letzten Legislaturperiode ähnliche Anträge gestellt habe. Diese Anträge seien damals nicht zustimmungsfähig gewesen und heute auch nicht. Die AfD denke an die Alleinverdienerehe, an die Frau im Haushalt und an das Geburtendefizit. Das sei ein Paradigmenwechsel, eine "Rolle rückwärts ins letzte Jahrtausend der Familienpolitik". Die Koalition wolle stattdessen, dass Kinder auch aus schwächeren Familien Chancen bekommen. Der AfD-Antrag fördere dagegen Familien mit hohem Einkommen.

Auch Johannes Steiniger (CDU) sagte, die Forderungen seien schon vor eineinhalb Jahren gestellt worden. Man hätte sich die Debatte sparen können. Das Familiensplitting würde 70 Milliarden Euro kosten. Es sei unseriös von der AfD, keine Finanzierungsvorschläge zu machen. Die Entscheidung für Kinder hänge nicht allein vom Steuerrecht ab, sagte Steiniger. Es gehe auch um Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es gebe zu wenig Kitas.

Grüne: Koalition entlastet Familienn gezielt

Familien würden unter der aktuellen Situation mit hohen Inflationsraten leiden. Deshalb entlaste die Koalition gezielt Familien, erinnerte Müller (Grüne). So gebe es eine Erhöhung des Kindergeldes, einen Kinderbonus, höhere Freibeträge und weitere Entlastungen wie höhere Leistungen für Alleinerziehende. Die Kosten des Familiensplittings würden in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen stehen, habe das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schon 2013 festgestellt, "und das gilt auch heute noch". Das DIW hatte sich damals mit einem Familiensplitting-Vorschlag im Wahlprogramm der CDU/CSU befasst, die das Ehegattensplitting ausweiten wollte.

Müller sagte, dass das Familiensplitting auf dem Ehegattensplitting aufsetze. Und die Idee des Ehegattensplittings basiere auf dem "aus der Zeit gefallenen Leitbild der klassischen Alleinverdienerehe". Das Ehegattensplitting müsse jedoch ersetzt werden durch eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Freibetrag. "Das würde der heutigen Lebenswirklichkeit viel mehr entsprechen", so Müller.

Linke: Geringverdiener würden nicht profitieren

Janine Wissler (Linke) verwies darauf, dass Familien mit geringem Einkommen nicht von dem Familiensplitting profitieren würden. Die AfD fördere vielmehr Menschen mit hohem Einkommen: "Ein Konzernchef und seine nicht verdienende Ehefrau brauchen diese Steuerersparnis nicht. Und es gibt auch keinen vernünftigen Grund, Menschen steuerlich zu fördern, nur weil sie geheiratet haben." Die AfD wolle das Splitting, weil es zu ihrem "reaktionären Frauen- und Familienbild" passe. Gebraucht werde eine Kindergrundsicherung.

"Krude Thesen zu Reproduktionsraten" unterstellte Markus Herbrand (FDP-Fraktion) der AfD. Kinder würden aber nicht aus finanziellen Aspekten geboren, "sondern weil sich Mann und Frau wünschen, ihre gemeinsame Liebe in einem oder mehreren Kindern weitergeben zu wollen". Die finanziellen Belastungen müssten natürlich beachtet werden. In einem Punkt habe die AfD aber recht: "Kinder und uns nachfolgende Generationen sind die Zukunft unseres Landes."