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Bundeswehreinsatz im Irak : "Der IS ist noch längst nicht besiegt"

Der Bundestag hat den Anti-IS-Einsatz im Irak verlängert. Die Terrormiliz versucht, ihre Präsenz in der Region auszubauen.

31.01.2022
2023-10-02T14:57:19.7200Z
3 Min

Die Bundeswehr bleibt für weitere neun Monate im Irak, um die irakischen Sicherheitskräfte beim Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu unterstützen. Für einen entsprechenden Antrag (20/408) der Bundesregierung votierten vergangenen Freitag in namentlicher Abstimmung 553 Abgeordnete, 110 lehnten ihn ab. Es gab eine Enthaltung. Somit können weiterhin maximal 500 bewaffnete Soldatinnen und Soldaten vor Ort sein. Neben dem Fähigkeitsaufbau für die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte sind sie unter anderem zuständig für Lufttransporte, See- und Luftraumüberwachung sowie Aufklärung und Lagebilderstellung.

Einsätze in Syrien sind mit dem neuen Mandat auch formal ausgeschlossen, nachdem die Bundeswehr ihre Aufklärungsflüge in dem irakischen Nachbarland schon im Frühjahr 2020 eingestellt hatte. Bei der letzten Mandatsverlängerung von Oktober 2021 bis Ende Januar 2022 wurde zudem bereits die Höchstzahl der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten von 700 auf 500 heruntergesetzt, weil die Luftbetankung von Jordanien aus von den internationalen Partnern der "Koalition der Willigen" kaum noch genutzt wird.

Obwohl die irakische Regierung 2017 ihren Sieg über den IS erklärt hatte, geht von kleineren Gruppen der Terrormiliz weiterhin große Gefahr aus: Erst am 21. Januar wurden mehr als 70 Menschen bei zwei Angriffen des IS in Syrien und dem Irak getötet. Einem Bericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2021 zufolge sind schätzungsweise 10.000 IS-Kämpfer nach wie vor in Syrien und dem Irak aktiv.

"Der IS ist noch längst nicht besiegt", urteilte Michael Müller (SPD). Dieser Terror könne auch in Deutschland wieder eine Rolle spielen, daher dürfe man nicht auf halber Strecke aufgeben, "dieses Morden zu beenden". Der Einsatz sei zudem von der irakischen Regierung ausdrücklich gewünscht. "Sie erwartet, dass sich die Bundesrepublik weiter engagiert."

Kurswechsel bei den Grünen

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte sich im Bundestag bisher gegen eine Verlängerung des Mandats ausgesprochen, weil sie den Einsatz in Syrien als völkerrechtswidrig ansah. Das neue Mandat sei jedoch wesentlich verbessert und stehe auf einem solideren Fundament, sagte Sara Nanni (Grüne) nun. Es fokussiere sich auf den Irak und sehe außerdem eine umfassende Evaluierung vor. Gleichwohl ändere sich nichts an der politischen Bewertung ihrer Fraktion, "dass solche Einsätze besser im Rahmen von Systemen kollektiver Sicherheit stattfinden sollen", als in einer Koalition der Willigen.

Norbert Röttgen (CDU) begrüßte den Kurswechsel der Grünen. In der Konsequenz sei "der verfassungs- und völkerrechtliche Konsens über diesen und vergleichbare Einsätze breiter geworden", lobte er. Die Lage im Land sei nach wie vor fragil, der Irak brauche weiter internationale Unterstützung. Für die FDP betonte Ulrich Lechte, dass Mandat sei inzwischen multilateral eingebettet in die Nato-Mission im Irak. Dieses Vorgehen sei seiner Fraktion "besonders wichtig".

AfD und Die Linke lehnten das Mandat erneut ab. Gerold Otten (AfD) kritisierte, es sei ein "offensichtlicher Formelkompromiss der linksgelben Koalition". Zwar sei Syrien nicht mehr Einsatzgebiet des Mandats, der Anti-IS-Einsatz Counter Daesh existiere aber weiterhin. Auch seien die Nato-Trainingsmission und der Anti-IS-Einsatz in Syrien zwei Aufträge in einem Mandat, die geografisch wie methodisch unterschiedliche Ziele verfolgten. Er forderte, das Mandat zu teilen, damit der Bundestag über beide getrennt abstimmen könne.

Nach Ansicht von Zaklin Nastic (Linke) sieht ein Erfolgskonzept anders aus. Das im Irak von den USA implementierte und für Korruption anfällige System habe das Land "ins Verderben gestürzt". Der IS habe erst unter US-Besatzung so mächtig werden können. Er nähre sich aus dem Groll der Bevölkerung gegen die fremden Besatzer. "Haben Sie in all den Jahren eigentlich nichts dazugelernt?", fragte Nastic.