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Kurzarbeit : Der erleichterte Bezug von Kurzarbeitergeld wird verlängert

Der Schock über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Betriebe und Beschäftigte sitzt tief. Leiharbeit bleibt künftig außen vor.

21.02.2022
2024-03-14T15:18:14.3600Z
3 Min
Foto: picture-alliance/dpa/Christian Charisius

Hotels und Restaurants haben besonders unter den Schließungen während der Corona-Pandemie gelitten.Für viele ist das Kurzarbeitergeld ein Rettungsanker.

Manchmal zeigen simple Zahlenreihen, wie groß die Abweichung von der Norm ist. So hat die Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2011 bis 2019 jährlich zwischen 113.000 und 190.000 Kurzarbeiter in Deutschland registriert. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise waren es 2009 rund 1,1 Millionen und sogar in dem für den Osten Deutschlands schwierigen Jahr 1991 lag die Zahl "nur" bei 1,8 Millionen. Ein Wert, der damals freilich für dramatische Bewertungen sorgte. Heute, nach zwei Jahren Pandemieerfahrung mit zeitweilig sechs Millionen von Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten, schockieren diese Werte aus den 1990er-Jahren niemanden mehr.

Dafür sitzt der aktuelle Schock über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Betriebe und Beschäftigte umso tiefer. Das zeigte sich in der vergangenen Woche in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Dort schilderten Wirtschaftsvertreter eindringlich, in welch dramatischer Lage sich selbst bisher gesunde Unternehmen mittlerweile befinden.

Anhörung im Bundestag

Gegenstand der Anhörung war die erneute Verlängerung des erleichterten Bezugs von Kurzarbeitergeld bis zum 30. Juni 2022 durch einen Gesetzentwurf (20/688) der Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP. Dass auch die Ampel-Parteien sich dem Ernst der Lage bewusst sind, zeigt, dass der Gesetzentwurf innerhalb einer Woche den Bundestag passierte. Am Freitag wurde er mit großer Mehrheit, nur gegen die Stimmen der AfD-Fraktion, verabschiedet. Eine Verzögerung hätte dramatische Folgen für all jene gehabt, deren Kurzarbeitergeld Ende März nach 24 Monaten auslaufen würde.

Das aktuelle Gesetz verhindert das nun, indem die Maximaldauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld auf 28 Monate erhöht wurde. Außerdem bleiben auch die erleichterten Zugangsbedingungen zunächst bis 30. Juni erhalten. Es reicht also weiter aus, wenn mindestens zehn Prozent (statt ein Drittel) der Beschäftigten eines Betriebes von Arbeitsausfall betroffen sind, damit Kurzarbeit beantragt werden kann. Beschäftigte müssen vorher auch keine negativen Arbeitszeitsalden aufbauen. Einkommen aus während der Kurzarbeit aufgenommener geringfügiger Beschäftigung werden nicht angerechnet. Der Anspruch auf erhöhte Leistungssätze für Beschäftigte ab dem vierten beziehungsweise siebten Bezugsmonat bleibt bestehen, wenn deren Arbeitsentgelt um mindestens die Hälfte reduziert ist. Ferner soll der Gesetzentwurf die Akuthilfen für pflegende Angehörige verlängern.

Leiharbeiter künftig nicht mehr in die Kurzarbeit einbezogen

Doch nicht alles läuft weiter: So beendet das Gesetz die Erstattung der von den Betrieben gezahlten Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit (BA), die zuletzt bei 50 Prozent gelegen hat. Und es bezieht auch die Leiharbeiter künftig nicht mehr in die Kurzarbeit ein. Dies sorgte in seltener Eintracht sowohl bei CDU/CSU als auch bei der Linken für Kritik.

Für Stephan Stracke (CSU) bedeuten diese beiden Änderungen, dass das Gesetz sein Ziel verfehlen wird: "So gefährden Sie auf den letzten Metern der Pandemie noch Arbeitsplätze! Denn viele Betriebe haben ihre Rücklagen nach zwei Jahren aufgebraucht."

Jessica Tatti (Die Linke) bezeichnete den Ausschluss der Leiharbeiter als "fatales Signal" an diese Beschäftigten, die ohnehin in permanent schwieriger Lage seien. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nannte den Wegfall dagegen vertretbar, da es noch andere Hilfen für die Wirtschaft gebe. "Wir müssen auch auf die Kassen der BA schauen", appellierte er. Das Gesetz sei ein erster Schritt Richtung Normalität, dafür stehe auch die Ausklammerung der Leiharbeitsfirmen, denn diese suchten bereits wieder händeringend Fachkräfte, betonte Jens Peick für die Sozialdemokraten.

AfD kritisiert Pandemie-Politik

Pascal Kober (FDP) mahnte an, die Idee, Weiterbildung und Kurzarbeit zu koppeln, neu auszugestalten. Dies habe nicht so funktioniert, wie "wir erhofft hatten", da seien Verbesserungen dringend nötig. Die AfD-Fraktion ging nicht im Einzelnen auf die Kurzarbeit ein, sondern kritisierte vor allem grundsätzlich die Pandemie-Politik. So sagte Gerrit Huy (AfD), Gesetze würden keine Arbeit schaffen. "Nur die Unternehmen schaffen Arbeit, aber das wird ihnen durch die Pandemie-Gängelungsmaßnahmen extrem erschwert."

Für die Grünen zog Tina Winklmann ein Resümee, das fast alle Reden durchzog: "Die Kurzarbeit ist ein Erfolgsmodell. Sie hat vor allem Massenarbeitslosigkeit verhindert." Das schnelle Gesetzgebungsverfahren sei zwar nicht ideal, aber die Unternehmen und Beschäftigten bräuchten jetzt Planungssicherheit, rechtfertigte die Grüne die Eile.