Piwik Webtracking Image

Kampf gegen Covid-19 : Corona-Auflagen sollen schrittweise aufgehoben werden

Trotz hoher Infektionszahlen: Bund und Länder verständigen sich auf ein Ende der Einschränkungen in Etappen.

21.02.2022
2024-02-14T11:08:47.3600Z
5 Min
Foto: picture alliance / CHROMORANGE

Die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder verständigte sich auf eine schrittweise Aufhebung der Corona-Auflagen. Auch ohne diese landen allerdings viele Masken einfach auf der Straße.

Trotz weiter hoher Corona-Infektionszahlen stellen Bund und Länder nach zwei Jahren Pandemie ein Ende der Auflagen und eine Rückkehr zu einem weitgehend normalen Leben in Aussicht. Die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) verständigte sich auf eine schrittweise Aufhebung der Einschränkungen.

Demnach sollen zunächst die privaten Kontaktauflagen für Geimpfte und Genesene fallen sowie Zugangsbeschränkungen im Einzelhandel. Ab dem 4. März soll in der Gastronomie nur noch die 3G-Regel gelten (geimpft, genesen oder getestet), Discos und Clubs dürfen mit 2G-plus (geimpft, genesen, mit Test oder Booster) öffnen. Ab dem 20. März sollen dann alle strengen Schutzvorkehrungen enden, etwa Zugangsbeschränkungen und die Pflicht zum Homeoffice, sofern die Lage in den Krankenhäusern dies zulässt.


„Wir können zuversichtlicher nach vorne schauen, als wir das die letzten Wochen konnten.“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

"Wir können zuversichtlicher nach vorne schauen, als wir das die letzten Wochen konnten", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach den Beratungen. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verbreitete Optimismus und erklärte, die Omikron-Welle sei gebrochen. Bei der Maskenpflicht in Innenräumen, Hygieneauflagen und Abstandsgeboten soll es aber bleiben. Scholz betonte: "Man muss auch klar sagen, die Pandemie ist noch nicht vorbei."

Unklar ist, wie es nach dem 19. März 2022 weitergehen soll, wenn die Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) von Ende November 2021 ausläuft. Die damals verabschiedete Neuregelung beinhaltete einen Katalog an Schutzvorkehrungen, den sogenannten "Instrumentenkasten", den die Länder in der Pandemie einsetzen konnten. Laut Gesetz ist eine Verlängerung der Regelung um drei Monate möglich. Der Vorsitzende der MPK, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), sagte: "Alle Länder sind sich einig, dass wir einen Basisschutz brauchen, um die Öffnungen abzusichern."

Die Impfpflicht bleibt weiter umstritten

Heftig gestritten wird über die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die am 15. März in Kraft tritt und etwa für Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gilt. Die Regelung wird von der AfD-Fraktion abgelehnt, die dazu mit Hinweis auf einen drohenden Fachkräftemangel einen Antrag vorgelegt hat, der erstmals beraten wurde. Auch Bayern hatte große Vorbehalte gegen den praktischen Vollzug vorgebracht. Das Bundesverfassungsgericht wies indes Eilanträge gegen die sektorale Impfpflicht ab, das Hauptsacheverfahren steht aber noch aus.

Für erheblichen Unmut sorgt die Verkürzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate. Laut einer Verordnung konnte das Robert Koch-Institut (RKI) die Geltungsdauer des Genesenenstatus selbst ändern. Die Verkürzung führte dazu, dass viele Bürger plötzlich nicht mehr als genesen galten. Das RKI stellte zudem nachträglich klar, dass die verkürzte Geltungsdauer nur für ungeimpfte Genesene gilt.

Mehrere Debatten im Bundestag

Die EU-Zertifikate können die Fristverkürzung zudem derzeit nicht abbilden. Europaweit wurde nämlich eine Geltungsdauer für Covid-19-Genesene von sechs Monaten vereinbart. Auch im Bundestag galt bis vor kurzem diese Frist. Vergangene Woche wurde dann eine geänderte Allgemeinverfügung der Präsidentin mit der Dreimonatsfrist wirksam. Die MPK beschloss, dass Entscheidungen über den Geimpften- und Genesenenstatus nicht mehr vom RKI und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) getroffen werden sollen.

Die sektorale Impfpflicht und der Genesenenstatus waren Thema in gleich zwei Debatten vergangene Woche. Die Unions-Fraktion fordert in einem Antrag  eine bessere Vorbereitung der Sektor-Impfpflicht sowie in einem weiteren Antrag  die Rückkehr zur Sechsmonatsfrist beim Genesenenstatus.

CSU:Einrichtungen warten auf klare Handlungsanweisungen

Andrea Lindholz (CSU) rügte, nach wie vor seien zentrale Fragen zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht unklar. Einrichtungen, Praxen, Gesundheitsämter, Arbeitnehmer und Länder warteten auf klare Handlungsanweisungen. Es gebe eine Vielzahl von arbeits- und sozialrechtlichen Fragen, die ungeklärt seien.

Emmi Zeulner (CSU) sagte, sie sei dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) "dankbar, dass er diese Debatte noch einmal aufgemacht hat". Sie selbst sei sowohl gegen die allgemeine und wie auch gegen die sektorale Impfpflicht. Zeulner warnte mit Blick auf das knappe Pflegepersonal: "Wir laufen bei einem Mangelberuf Gefahr, dass weitere Betten gesperrt werden müssen." Sie hätte sich einen vorwärtsgewandten Vorschlag gewünscht.

Kritik an Söder: Ministerpräsident sorgt für Chaos und Verunsicherung

Redner anderer Fraktionen warfen Söder hingegen vor, mit seiner Ankündigung, die einrichtungsbezogene Impfpflicht vorerst nicht umsetzen zu wollen, für Chaos und Verunsicherung gesorgt zu haben. Heike Baehrens (SPD) kritisierte, Söder habe "mit der ganzen Union im Schlepptau geltendes Recht selbstherrlich infrage gestellt". Damit habe er die Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen verunsichert und das Ansehen des Rechtsstaates beschädigt. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht diene dem Ziel, besonders verletzliche Menschen zu schützen. Alle Länder stünden in der Verantwortung, das Gesetz umzusetzen.

Thomas Dietz (AfD) erinnerte daran, dass die Union dem Gesetz selbst zugestimmt habe und nun im Nachhinein auf eine solide Vorbereitung dringe. "Haben Sie den Gesetzentwurf damals nicht gelesen, sondern nur blind den Arm gehoben?" Er warnte, Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen wollten, seien künftig "in vakanten Beschäftigungsverhältnissen." Das sei "untragbar und unsozial".

Kathrin Vogler (Linke) hielt der Union vor, in der Frage der Impfpflicht keine erkennbare Linie zu verfolgen, sondern sich "wie das Fähnchen im Wind" zu drehen. Das schaffe noch mehr Verunsicherung bei den Bürgern. Impfungen seien das wichtigste Mittel, um aus der Pandemie herauszukommen. Ebenso wichtig sei aber das Vertrauen der Bevölkerung.

FDP: Impflicht bezieht sich auf Einrichtungen, nicht Berufsgruppen

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) stellte klar, die Impfnachweispflicht beziehe sich nicht auf einzelne Berufsgruppen, sondern auf Einrichtungen. Jeder, der diese Einrichtungen betrete und mit vulnerablen Gruppen in Kontakt komme, müsse geimpft sein. Das gelte nicht nur für Pflegekräfte, sondern auch für Reinigungskräfte, Köche oder Hausmeister. Gesundheitsämtern, die für Einrichtungen mit einer niedrigen Impfquote zuständig seien, werde ein Ermessensspielraum eingeräumt. Sie appellierte: "Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die vulnerablen Gruppen wirklich zu schützen."

Tino Sorge (CDU) ging auf den geänderten Genesenenstatus ein und hielt der Regierung schwere Fehler vor. "Es ist haarsträubend und an Dilettantismus eigentlich nicht mehr zu überbieten, was da offensichtlich passiert ist." Diese "Nacht- und-Nebel-Aktion" sei keine Lappalie, Millionen Menschen seien betroffen. Linda Heitmann (Grüne) räumte ein: "Die Kommunikation dazu war mehr als unglücklich." Jedoch komme die Wissenschaft in der Pandemie eben immer wieder zu neuen Erkenntnissen.