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Editorial : Schwierige Fragen

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende braucht auch im Haushalt 2024 eine Antwort. Woran soll man künftig sparen, um Panzer kaufen zu können?

06.03.2023
2023-12-21T12:38:16.3600Z
2 Min

"Wir haben Krieg in Europa. Russlands Präsident Putin hat die Ukraine angegriffen", so eröffnete Bundestagspräsidentin Bärbel Bas vor einem Jahr die schon historische Sonntagssondersitzung des Bundestages vom 27. Februar 2022. Bundeskanzler Olaf Scholz brauchte danach nur fünf Wörter, bis er die "Zeitenwende" ausrief. Seitdem wird über die Konsequenzen aus der Zeitenwende debattiert. Manche Hoffnung, dass sich diese in einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro erschöpfen könnten, hat sich zerschlagen.

Blick auf die politische Prioritätenliste

Der Kanzler machte damals deutlich, was der Begriff für ihn bedeutet: "Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor." Die Zeitenwende als signifikanter und tiefgreifender Wandel, ein entscheidender und nachhaltiger Wendepunkt in der Geschichte. Hierauf zu reagieren, geht kaum ohne einen Blick auf die politische Prioritätenliste. Auf welche Position soll die äußere Sicherheit der Gesellschaft rücken? Beim Haushalt 2024 braucht es hierauf wieder eine Antwort und sie hat Konsequenzen, vielleicht sogar für Koalitionsverträge.

Politik hat nicht nur die Möglichkeit, sondern die Verantwortung zu priorisieren. Das geht nicht ohne Streit. Der Versuch, nötigen Fragen mit dem Verweis auf das Sondervermögen auszuweichen, dürfte scheitern. Das Geld hilft bei der notwendigen Grundertüchtigung und ist mit der Beschaffung von neuen Kampfjets, Hubschraubern und Marineschiffen schon fast erschöpft. Der Bundeskanzler bekräftigte vielleicht auch deshalb in seiner aktuellen Regierungserklärung, er wolle im Haushalt dauerhaft zwei Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes für Wehrausgaben bereitstellen. Da jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, braucht es bald entweder weitere Einnahmen oder Kürzungen an anderer Stelle.

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Die Zeitenwende mag in vielen Köpfen angekommen sein, ein gutes Gefühl will sich in dieser neuen Welt nicht einstellen. Diskussionen, die von Abschreckung und Einsatzfähigkeit handeln, fühlen sich fremd an. Woran soll man künftig sparen, um Panzer kaufen zu können? Hierüber muss gestritten werden, auch wenn die Öffentlichkeit politischen Streit nicht schätzt. Doch wie hat es der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, diese Woche ausgedrückt: Regierung und Parlament hätten die Verantwortung ,die Konflikte auszutragen, statt sie über Schulden in die Zukunft zu verschieben.